Europa im Blick

Gemischte Reaktionen auf GAP Vorschläge

Vergangenen Freitag hat EU-Agrarkommissar Phil Hogan seinen Vorschlag für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 vorgestellt. In der deutschen Parteienlandschaft löste dieser ein geteiltes Echo aus.

Uneinigkeit in Unionsparteien

Innerhalb der Union wird die von der Europäische Kommission vorgeschlagene verpflichtende Kappung der Direktzahlungen ab 60.000 Euro bis 100.000 Euro im Jahr pro Betrieb unterschiedlich bewertet. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, äußerte sich kritisch. Eine Kappung würde „Verwerfungen“ in einigen Regionen Deutschlands hervorrufen, so Stegemann.

Gute Gründe für die Beibehaltung unterschiedlich hoher Direktzahlungen sieht Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). (Bildquelle: BMEL/Florian Gaertner)

Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat dem Vorschlag der EU-Kommission zur verpflichtenden Kappung der Direktzahlungen bei 100.000 Euro eine klare Absage erteilt. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir hier ohne Änderungen mitgehen können“, erklärte Klöckner am vergangenen Freitag in Bonn. Nach Klöckners Ansicht sollte die Anwendung der Kappung den Mitgliedstaaten freigestellt sein, ebenso die Anrechnung der Lohnkosten. Außerdem sei zu prüfen, ob eine Degression der Direktzahlungen ein geeignetes Mittel sei, denn große Unternehmen hätten im Vergleich zu kleineren Kostenvorteile bei der Produktion.

Offen für Kappungsvorschlägen

Die agrarpolitische Sprecherin der CSU-Landesgruppe, Marlene Mortler, zeigte sich dagegen grundsätzlich offen für die Kappungsvorschläge. Sie unterstütze eine gerechtere Verteilung der Direktzahlungen zwischen den Betrieben. Den generellen Fortbestand der Direktzahlungen bewertet Mortler als zentral. Auch Ministerin Klöckner sieht „gute Gründe für die Beibehaltung unterschiedlich hoher Direktzahlungen“, etwa die stark unterschiedlichen Niveaus bei Boden- und Pachtpreisen oder bei den Löhnen in den Mitgliedstaaten.

Begrüßt wurde von der Ressortchefin zudem, dass die Zahlungen für Umweltleistungen nicht mehr im Greening geregelt werden sollen. Die Greening-Umweltleistungen fielen aber nicht weg; vielmehr sollten die Direktzahlungen deutlich umfassender an die Umweltleistungen gebunden werden als bisher, erläuterte Klöckner, die hier „einige praxisuntaugliche Probleme und Aspekte für unsere Landwirte“ sieht.

SPD begrüßt Brüsseler Reformvorschläge

Grundsätzliche Zustimmung zu den hat der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Spiering, signalisiert. „Ich begrüße die klare Aussage, die Landwirtschaft stärker an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen auszurichten“, erklärte Spiering heute in Berlin. Vor diesem Hintergrund seien besonders die vorgesehenen Umschichtungsmöglichkeiten interessant.

Auch die stärkere Unterstützung kleinerer und mittlerer Betriebe sowie die Junglandwirteförderung schafften Perspektiven für den Erhalt einer flächendeckenden Landwirtschaft. Dem SPD-Politiker zufolge ist es gerecht, die Höchstförderungen der Betriebe zu begrenzen und gleichzeitig Subventionen stärker an den landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen auszurichten.

Enttäuscht von den Brüsseler Vorschlägen: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). (Bildquelle: SPD Fraktion NRW)

Bundesumweltministerin Svenja Schulze, ebenfalls SPD, äußerte sich dagegen enttäuscht von den Brüsseler Vorschlägen. Diese hielten nicht, „was in den bisherigen Verlautbarungen aus Brüssel zu mehr Umwelt in der Landwirtschaft versprochen wurde“, bedauerte Ressortchefin. Erneut werde die Chance vertan, Gelder der Ersten Säule durch die Bindung an gesellschaftliche Leistungen zu legitimieren „und damit die Anreize so zu setzen, dass sich umweltgerechtes Wirtschaften für die Landwirtinnen und Landwirte lohnt“.

Vernichtende Kritik von Grünen und Linken

Für Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff sind die Brüsseler Vorschläge „ein dramatischer Rückschritt für bäuerliche und ökologische Betriebe, Umwelt, Tiere und den Naturschutz“. Die Kommission verpasse eine historische Chance zur Neugestaltung der Agrarpolitik und gefährde damit die gesamte Legitimität der GAP. Bei den Umwelt-, Klima- und Tierwohlzielen und deren Umsetzungsvorgaben blieben die Kommissionsvorschläge vollkommen vage. Eine wirkliche Anerkennung und Honorierung der gesellschaftlichen Leistungen vieler bäuerlicher ökologischer Betriebe sei nicht erkennbar. „Stattdessen wird durch die Beibehaltung weitgehend unkonditionierter Flächenzahlungen die Förderung des industriellen Agrarmodells festgeschrieben“, kritisierte Ostendorff.

Ähnlich kritisch äußerte sich die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Dr. Kirsten Tackmann. Sie warf der Kommission fehlenden Mut für einen Paradigmenwechsel in der Agrarpolitik vor. Völlig inakzeptabel sind für Tackmann die Kappungsvorschläge: „Statt landwirtschaftsfremde Investorinnen und Investoren von der Agrarförderung auszuschließen, werden mit Kappung und Degression auch ortsansässige ostdeutsche Agrarbetriebe unnötig gefährdet, obwohl eine soziale und ökologische Landwirtschaft nicht von der Betriebsgröße, sondern vom Geschäftsmodell abhängt.“

Enttäuschung auch bei Bundesländern

Seit dem 29. Mai 2018 ist Ursula Heinen-Esser als Landwirtschaftsministerin zuständig für NRW. (Bildquelle: Land NRW)

Erheblichen Nachbesserungsbedarf machte die neue nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser geltend: „Wir müssen die Gemeinsame Agrarpolitik für die Bauern einfacher, für die ländlichen Räume attraktiver und für die Umwelt wirksamer machen.“ Anstelle einer Kappung ist die CDU-Politikerin für eine weitere Besserstellung der ersten Hektare.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Obergrenze für die Direktzahlungen müsse aufgrund unterschiedlich historisch gewachsener Strukturen in Ost und West zwischen den Ländern und mit dem Bund erörtert werden. "Das bisherige Instrument der besseren Vergütung der ersten Hektare sollte beibehalten werden. Dies hat sich in Deutschland und Nordrhein-Westfalen bewährt und ist zur Umverteilung einfach umsetzbar", sagte die Vorsitzende der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern. Wenn die Direktzahlungen gekappt würden, müsse das Geld in der ersten Säule den Mitgliedstaaten für die Verwendung in der Landwirtschaft zur Verfügung bleiben.

Enttäuscht über die Brüsseler Reformvorschläge hat sich ebenso Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast geäußert. Die Vorstellungen der Kommission bedeuteten „weniger Geld für die Betriebe und den ländlichen Raum, mehr Bürokratie und höhere Auflagen“, stelle die CDU-Politikerin fest. Auch für Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber stehen die Kommissionsvorschläge in krassem Widerspruch zu den Brüsseler Versprechungen, die Bauern von Bürokratie zu entlasten und den Regionen mehr Freiheit bei der Gestaltung der Agrarprogramme einzuräumen.

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus sprach von „halbherzigen Vorschlägen“, mit denen man die hohen umwelt- und klimapolitischen Ziele der EU nicht werde verwirklichen können. Die angekündigte Verwaltungsvereinfachung suche man vergeblich. Stattdessen würden die Umsetzung erhöhter Umwelt- und Tierschutzstandards durch eine Erweiterung des bisherigen Cross Compliance sowie die Kappung und Degression mit Anrechnung der Arbeitserledigungskosten den bürokratischen Aufwand für Landwirte und Verwaltung weiter erhöhen.

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