Zuckerfabrik Warburg
Gegen Bauernproteste beschließt Südzucker das Aus für Zuckerfabrik
Die Proteste von 350 Bauern, Mitarbeitern und Betroffenen waren vor der Zentrale der Südzucker AG in Mannheim nicht zu überhören und nicht zu übersehen. Dennoch hat der Aufsichtsrat der AG die Schließung der Zuckerfabriken in Warburg und Brottewitz beschlossen.
Sie haben gekämpft, gute Argumente geliefert, gebangt und gehofft. Am Ende hat alles nichts genutzt. Trotz massiver Proteste von 350 Bauern, Mitarbeitern und Betroffenen vor der Südzuckerzentrale in Mannheim hat der Aufsichtsrat der AG am Montagnachmittag die Schließung der Fabriken in Warburg und Brottewitz (Südbrandenburg) beschlossen.
Die Werksschließungen sind Teil eines Restrukturierungsplans, mit dem die Unternehmensführung auf die Millionen-Verluste infolge der stark gesunkenen Zuckerpreise reagieren will. Neben Warburg und Brottewitz sollen nach der Kampagne 2019 auch zwei Werke des Tochterunternehmens Saint Louis Sucre in Frankreich (Cagny und Eppeville) geschlossen werden. Die Fabrik im polnischen Strzyżów soll noch früher schließen.
Busfahrt nach Mannheim
Am frühen Morgen der entscheidenden Südzucker-Sitzung waren rund 200 Rübenbauern, Lohnunternehmer, Fabrikbeschäftigte und Unterstützer mit vier Bussen von Warburg aus nach Mannheim aufgebrochen. Dort trafen sie auf weitere Betroffene aus Brottewitz und trugen ihre Meinung mit Trillerpfeifen, Trompeten und Plakaten lautstark vor.
Ziel war es, den in der Südzuckerzentrale tagenden Aufsichtsräten zu verdeutlichen, welche Konsequenzen die Werksschließungen für die Regionen haben. Außerdem forderten die Demonstranten die Unternehmensführung auf, alternative Konzepte zu entwickeln. „Wir Bauern können auch nicht nach einer kurzen Zeit mit schlechten Preisen sofort die Produktion einstellen“, erklärte Höxters Kreislandwirt Heinrich Gabriel. Jetzt müsse die aktuelle Durststrecke überwunden werden.
Fair Play gefordert
Antonius Tillmann, WLV-Kreisverbandsvorsitzender aus Warburg, sah zudem das Bundeslandwirtschaftsministerium in der Pflicht. Er appellierte an die Politik, für Wettbewerbsgleichheit in der EU zu sorgen: In zahlreichen Ländern wird der Rübenanbau über gekoppelte Direktzahlungen subventioniert und über Notfallzulassungen beim Pflanzenschutz unterstützt. In Deutschland stehen die Landwirte dagegen schutzlos im Weltmarkt.
Die Bauern wollen jedenfalls für mehr Fair Play im Rübenanbau kämpfen. Solange dürfe die Warburger Fabrik jedoch nicht geschlossen werden. Es gelte die Vorzugsregion in Ostwestfalen und Nordhessen zu erhalten.
Gespräch mit Aufsichtsrat
Diese Argumente wollte eine Delegation um Josef Jacobi, Antonius Tillmann, Rübenanbauer und Berater Ferdi Stamm, Heinrich Gabriel und Höxter Kreislandfrauenvorsitzender Gabi Beckmann der Südzuckerführung noch vor der entscheidenden Sitzung erläutern. Doch dazu kam es zunächst nicht. Erst nach einigem Hin und Her war Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Hans-Jörg Gebhard bereit, die Landwirte anzuhören. Anschließend stellte sich die Konzernführung um Dr. Wolfgang Heer dann doch noch den Protesten.
Der Vorstandsvorsitzende zeigt sich dabei jedoch kompromisslos: Man müsse auf die Verluste mit rationalen Entscheidungen reagieren und könne nicht auf die Politik warten. „Es ist jetzt keine Zeit für Emotionalität“, erklärte Heer unter lauten Pfiffen.
Nachdem sich der Aufsichtsrat zur Sitzung zurückgezogen hatte und keine Reaktion mehr aus der Zentrale kam, machten sich die Bauern wieder auf den fast fünfstündigen Heimweg. Immer wieder versuchten sie, an Informationen aus Mannheim zu kommen. Diese ließen lange auf sich warten. Dann, kurz vor Warburg die Hiobsbotschaft: Der Aufsichtsrat hat die Schließung trotz aller Proteste und Argumente „abgenickt“.
Die Stimmung in den Bussen bewegte sich anschließend zwischen Wut, Enttäuschung und Galgenhumor: „Hat jemand Interesse an einem Rübenlegegerät?“ war da zu hören: „Unseres steht ab sofort zum Verkauf...“