In Ruhr und Lippe ist die Situation für Forelle, Brasse und andere Fische noch entspannt. In den Seitenarmen der Flüsse und vielen Bächen ist es hingegen kritisch: Viele Mittelgebirgsbäche sind so weit ausgetrocknet, dass Fische nur noch in größeren Kolken überleben können. Durch den immer enger werdenden Lebensraum sinkt die Sauerstoffsättigung im Wasser und den Fischen wird die Luft zum Atmen knapp. Wir haben bei Markus Kühlmann vom Fischereibetrieb des Ruhrverbandes nachgefragt, welche Strategien Fische zum Schutz gegen die Hitze haben und wie Teichbesitzer ihre Fischbestände schützen können.
Ab 20 °C wird es kritisch
In der Ruhr leben rund 30 verschiedene Fischarten, beispielsweise Forelle, Barbe und Barsch. Wie alle Fische sind sie wechselwarm, das heißt, sie passen ihre Körpertemperatur an die Umgebung an – die Wassertemperatur, sagt Markus Kühlmann, Fischwirtschaftsmeister und Fischereisachverständiger. Anders als der menschliche Körper sind Fische an eher kühlere Temperaturen gewöhnt. Darum sind Wassertemperaturen von 18 °C für das Überleben von Forelle und Äsche die Obergrenze, ab 20 °C wird es für Fische absolut kritisch, verdeutlicht Kühlmann. Mit steigender Körpertemperatur ändert sich nämlich der Stoffwechsel der Fische und sie verspüren vermehrt Stress. Die sinkende Sauerstoffsättigung des Wassers aufgrund steigender Temperatur erhöht den Stress und macht die Fische zudem anfälliger gegenüber Infektionen durch Bakterien und Parasiten. Letztlich kommt es zum Fischsterben. „In der Ruhr gibt es derzeit noch kein Fischsterben“, beurteilt Kühlmann die jetzige Situation.
Trockene Seitenarme
Anders als die Ruhr führen viele Bäche kaum noch Wasser oder sind bereits trocken gefallen. Hier ist es für Forelle, Äsche und Groppe lebensbedrohlich. Denn anders als Brassen und Karpfen besiedeln sie kleine, quellnahe Bäche und Flüsse in den Mittelgebirgen. Die häufig naturnahen Bachabschnitte sind von Gumpen und Kolken, aber auch von Flachwasserzonen geprägt. Fallen sie trocken, sind die „Verbindungsstraßen“ zwischen den tieferen Bachbereichen abgeschnitten, sagt der Fischereisachverständige. Durch die hohe Besatzdichte in den Gumpen sinkt wiederum der Sauerstoffgehalt im Wasser. Fische versuchen sich zwar an die Situation anzupassen, indem sie die Nahrungsaufnahme einstellen und sich weniger bewegen. Nachteil: Das Fasten schwächt den Organismus. Durch die reduzierte Bewegung und den hohen Besatz werden Gumpen und Kolke für sogenannte Prädatoren wie beispielsweise Fischreiher zum Schlaraffenland.
Obwohl sich Kühlmann dringend Regen wünscht, hofft er, dass kräftige Gewitter ausbleiben. Denn zu starke Regengüsse würden Laubstreu, Schlamm und andere Schmutzpartikel in die Gewässer schwemmen. Durch die niedrigen Pegelstände würde das noch vorhandene Wasser stark verunreinigt, was den Fischen die Atmung erschweren würde.
Teich: Fütterung einstellen
Viele Fließgewässer dienen als Zulauf für private Forellenteiche. Sinkt der Wasserpegel, verringert sich gleichzeitig der Wasseraustausch im Forellenteich, weil weniger Wasser nachfließt. Die Folgen sind die gleichen wie in den Gumpen und Kolken. Wegen der zumeist höheren Fischdichten verlaufen einige Prozesse schneller: Durch die regelmäßige Fütterung verbrauchen die Fische mehr Sauerstoff für den Stoffwechsel. Die Zersetzung von Kot und Futterresten im Teich senkt die Sauerstoffsättigung zusätzlich. Außerdem können sich der pH-Wert verschlechtern sowie Nitrit und Ammoniak bilden. Das ist besonders kritisch bei in Ketten angelegten Teichanlagen.
Teichbesitzern empfiehlt Kühlmann darum, die Fischfütterung komplett einzustellen. „Fische können zwei bis vier Wochen ohne Nahrung gut verkraften“, sagt er. Kühlmanns Tipp: Nach einem Schauer oder Gewitter eine deutlich reduzierte Futtergabe – etwa ein Fünftel der sonst üblichen Menge, um den Organismus nicht über die Maßen zu schwächen. Darüber hinaus sollten Teichbetreiber den Fischbestand ausdünnen und einen Teil der Forellen abfischen.
Algen ein weiteres Problem
Warmes, stehendes Wasser bietet Algen optimale Lebensbedingungen. Die Organismen entwickeln sich meistens vom Grund oder Gewässerrand aus. Algen sterben ständig ab und regenerieren sich wieder – das verbraucht viel
Sauerstoff. Ohne eine Fließbewegung können dadurch sauerstofffreie Gewässerzonen entstehen. Schwemmt der Wasserdurchfluss die abgestorbenen Algen nicht ab, können sie sich zudem auf den Kiemen der Fische absetzen und ihnen die Atmung zusätzlich erschweren. Eine intensive Sonneneinstrahlung begünstigt den Algenwuchs, Bäume und Pflanzen am Gewässerrand sorgen für Schatten und mindern das Wachstum. Außerdem hilft das Auslegen spezieller Beschattungsnetze.
Von „Hausmittelchen“ wie das Umwälzen des Wassers mit einer Tauchpumpe oder dem Einsatz eines Teichbelüfters rät Kühlmann, die Finger zu lassen. Seiner Meinung nach verbessern die Maßnahmen die Sauerstoffsättigung kaum, beschleunigen zurzeit dafür aber den Temperaturanstieg. Allenfalls ist ein Belüften bei kühleren Temperaturen in der Nacht sinnvoll.
Sauerstoffgehalt prüfen
Die regelmäßige Kontrolle der Sauerstoffsättigung sollte für Forellenteichbetreiber zur guten fachlichen Praxis gehören. Spezielle Messgeräte sind ab 150 € im Fachhandel erhältlich. Zusätzlich lässt sich ein geringer Sauerstoffgehalt am Verhalten der Fische ablesen: Oberflächennahes Schwimmen, schreckhaftes Abtauchen oder der Aufenthalt direkt unterhalb des Einlaufs sind Warnzeichen für eine geringe Sauerstoffsättigung im Wasser.