Mutagenese Urteil

EuGH bremst neues Gentechnik Verfahren

Pflanzen, die mit moderner Mutagenese-Technik wie der Genschere CRISPR/Cas9 verändert werden, gelten rechtlich als gentechnisch verändert. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Neue Gentechnik-Verfahren ermöglichen Änderungen im Erbgut ohne den Einsatz von Fremd-DNA. Ist das noch Gentechnik im klassischen Sinne? Der Europäische Gerichtshof hat nun (25.06.2018) in einem Grundsatzurteil entschieden: Ja. Auch die neueren Methoden der sogenannten gezielten Mutagenese fallen unter die geltenden EU-Regeln und sind als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu behandeln, erklärte das oberste EU-Gericht. Damit gelten für Lebensmittel, die derart verändert wurden, spezielle Kennzeichnungspflichten.

EuGH-Richter: Eine nicht natürliche Veränderung

Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass ihrer Ansicht nach durch die Verfahren und Methoden der Mutagenese eine „auf natürliche Weise nicht mögliche Veränderung am genetischen Material eines Organismus“ vorgenommen wird. Folglich fielen diese Organismen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der GVO-Richtlinie. Davon betroffen sein dürfte nach dem Urteilspruch auch die kontrovers diskutierte CRISPR/Cas-Methode.

Gemischte Reaktionen

In Politik und Verbänden hat das EuGH-Urteil gemischte Reaktionen hervorgerufen. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sieht mit dem Urteil deutliche Herausforderungen auf die EU zukommen. Vielerorts würden die neuen Züchtungstechnologien bereits angewandt oder seien unerlässlich, um für eine ausreichende Versorgung, beispielsweise mit Getreide, zu sorgen, gab Klöckner zu bedenken.

Das Bundesumweltministerium hat die EuGH-Entscheidung in einer ersten Reaktion begrüßt. Das Urteil sei eine guten Nachricht für Umwelt und Verbraucher. Erforderlich seien Zulassungsverfahren mit einer umfassenden Risikobewertung und das Monitoring von Langzeitfolgen. Die Position, dass es keine Gentechnik durch die Hintertür geben dürfe, lasse sich mit dem Urteil umsetzen.

Abkehr vom Fortschritt

Deutliche Kritik äußerte hingegen Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied: „Europa läuft Gefahr, den Anschluss an andere Weltregionen zu verpassen. Dieses Urteil verbaut uns die notwendigen Möglichkeiten, mit Hilfe der Pflanzenzüchtung die Herausforderungen des Klimawandels zu meistern.“ Die derzeitige Dürre zeige exemplarisch, „dass wir zukünftig beispielsweise trockenheitstolerantere Sorten brauchen“.

Auch von den Branchen- und Züchterverbänden ist das Urteil mit Bedauern aufgenommen worden. Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter sieht darin eine „deutliche Abkehr von Innovationen und Fortschritt“ in der Landwirtschaft. Als einen „herben Rückschlag“ bezeichnete der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes, Dr. Henning Ehlers, die Entscheidung.

Gezielte Mutagenese
Bei der gezielten Mutagenese wird beispielsweise mit der Genschere CRISPR/Cas9 die DNA an einer vorherbestimmbaren Stelle geschnitten. Die Zelle repariert daraufhin den DNA-Strang selbst. Dabei kann sich die DNA-Sequenz etwas ändern. Gene können so gezielt verändert oder auch ausgeschaltet werden. Der Einsatz von Fremd-DNA ist bei diesem verfahren nicht notwendig. Mit dieser Technik können mit vergleichsweise geringem Aufwand beispielsweise Getreidesorten widerstandsfähiger gemacht oder die Zusammensetzung von Nahrungs-und Futterpflanzen optimiert werden.