EU-Agrarpolitik

EU will Greening abschaffen

Der EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat in Brüssel seine Pläne zur „Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft“ vorgestellt. Damit hat er unter Agrarpolitikern nicht nur Begeisterung ausgelöst.

Die Europäische Kommission will das Greening im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der aktuellen Form abschaffen. Wie EU-Agrarkommissar Phil Hogan vor Journalisten in Brüssel bei der Vorstellung der Mitteilung „Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft“ betonte, soll die GAP zukünftig durch mehr Flexibilität, weniger Sanktionen und einem eher ergebnisorientierten Ansatz gekennzeichnet sein. Zwar würden die Ziele des Greening im Umwelt- und Klimaschutz noch ausgeweitet; die Architektur in der Umsetzung werde aber abgeschafft. „Wir wollen den Staaten nicht länger vorschreiben, wie sie etwa ihre Hecken anlegen sollen“, so der Agrarkommissar.

Zwei Säulen sollen bleiben

Die Struktur der Zwei Säulen soll beibehalten werden. Jeder Mitgliedstaat soll in einem eigenen Strategieplan darlegen, wie die Ziele auf nationaler Ebene erreicht werden sollen. Der Plan ist von der Kommission zu genehmigen. Sie will ihr Augenmerk weniger auf die Einhaltung von Vorschriften als vielmehr auf die Überwachung der Fortschritte legen. Mittel soll je nach konkreten Ergebnissen bereitgestellt werden.

Der Kommissions-Vizepräsident Jyrki Katainen erläuterte, dass die EU-Mitgliedstaaten mehr Entscheidungsspielraum erhalten sollten, um gemeinsame Ziele in den Bereichen Umwelt, Klimawandel und Nachhaltigkeit besser zu erreichen. Es solle aber keinen „unangemessenen“ Wettbewerb zwischen den Agrarsektoren der Mitgliedstaaten geben, stellte der Finne klar. Eine Renationalisierung der GAP lehnte er ausdrücklich ab.

Reges Echo in Deutschland

Die vorgestellten Überlegungen riefen fanden ein reges Echo. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt begrüßt es, dass die Kommission „den erfolgreichen Weg der Marktorientierung fortsetzen will“ und den Mehrwert der GAP – bei der Sicherung der Ernährung, beim Umwelt- und Naturschutz, bei der Einkommenssicherung und der ländlichen Entwicklung, aber auch bei Klimaschutz, Bioökonomie, gesunder Ernährung und Migration – in den Mittelpunkt stelle. Damit die Landwirtschaft und die ländlichen Räume die vielfältigen Aufgaben meistern könnten, „brauchen wir eine starke und finanziell gut ausgestattete GAP“.

Dem CSU-Politiker zufolge muss die GAP zukünftig die Leistungen der Landwirtschaft für Umwelt, Biodiversität, Klima und natürliche Ressourcen noch gezielter fördern und stärker honorieren. Die Steigerung des Tierwohls in der EU müsse deutlich mehr als bisher zum Thema der GAP werden. Er unterstütze auch die Kommission bei ihrem Ansatz, die ländlichen Räume stärker in den Fokus zu rücken.

Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast begrüßte die Pläne, äußerte sich aber zurückhaltend zum Vorschlag, die Erarbeitung strategischer Pläne für die künftige Agrarförderung den Mitgliedstaaten zu überlassen und ihnen die Umsetzung und Kontrolle der Fördermaßnahmen zu übertragen. „Nur wenn es unter dem Strich wirklich einfacher und effektiver wird, ist ein solcher Ansatz sinnvoll“, so die Ministerin. Dies sei jedoch bisher in den Vorschlägen nicht erkennbar.

Bayerns Agrarressortchef Helmut Brunner erteilte den Brüsseler Plänen eine Absage, Nebenerwerbsbetriebe von den Direktzahlungen auszuschließen. Er lehne dies mit Blick auf die erfolgreiche bayerische Agrarpolitik und die gewachsene Agrarstruktur strikt ab, betonte der CSU-Politiker in einem Schreiben an EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Brunner warnte vor einem „kaum zu überbietenden Vertrauensverlust“ in die EU-Agrarpolitik, aber auch in Hogan persönlich, sollte das bayerische Agrarmodell durch eine Verweigerung der Direktzahlungen an Neben- und Zuerwerbsbetriebe ausgehebelt werden.

Der Agrarsprecher der Europäischen Volspartei, Albert Deß, unterstrich die Notwendigkeit, die Gemeinsamkeiten in der EU-Agrarpolitik zu erhalten. Deß lehnt die Ansätze von EU-Agrarkommissar Phil Hogan „für mehr Renationalisierung“ in der GAP strikt ab. Die Folge wären unnötige Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten.

Die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl zeigte sich positiv überrascht, dass Hogan kleine und mittlere Betriebe stärken sowie die Agrarpolitik modernisieren und vereinfachen wolle. Notwendig sei eine Agrarwende hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Landwirtschaft.

Für den Martin Häusling, den agrarpolitischen Sprecher der Grünen im EU-Parlament, sind die Kommissionsvorschläge „weder eine Reform noch eine Vision“. Sie verfehlten die politische Zielsetzung ebenso wie die Herausforderung der Zukunft. Hogan setze auf Vereinfachung, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Modernisierung und Renationalisierung. Laut Häusling muss die nächste GAP stattdessen den Erhalt der natürlichen Ressourcen als maßgebliche „Gegenleistung“ für die Aufwendung von „über 40 Mrd Euro Steuergeldern“, zu Gunsten von mehr Klima-, Boden- und Wasserschutz sowie mehr Tierwohl und Artenvielfalt, rechtfertigen.