EU-Ratspräsidentschaft: „Unbedingt eigene Akzente setzen“

Deutschland kann die EU-Agrarpolitik nicht umkrempeln, aber verbessern: mehr Geld für höhere Auflagen, einheitliche Tierwohl-Standards und schärfere Auflagen beim Import aus Drittländern. Dr. Simon Schlüter im Interview.

Wochenblatt: Herr Dr. Schlüter, welche Erwartungen haben Sie an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft?

Sechs Monate sind schnell um, zumal Abstimmungsprozesse in Brüssel meist Jahre dauern. Dennoch sollte Deutschland auch in dieser kurzen Zeit eigene Akzente setzen. Zum Beispiel beim Tierwohl innerhalb der EU. Aktuell gibt es gegenläufige Entwicklungen: Deutschland erhöht die Standards und baut Tierbestände ab, Spanien oder Polen nehmen es laxer und erhöhen sie. Hier brauchen wir einheitliche Regelungen und Wettbewerbsbedingungen in der EU. Am besten flankiert mit einem Tierwohllabel und einem Konzept der Gegenfinanzierung: Mehr Tierwohl verursacht höhere Kosten, die Landwirte brauchen somit höhere Erlöse.

In Deutschland läuft die Diskussion darüber schon sehr lange und spätestens seit den Vorschlägen der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung auch sehr konkret. Auf EU-Ebene kann Deutschland diese Debatte zumindest anschieben.

Ein Knackpunkt für den europäischen Politikbetrieb ist der noch offene Mehrjährige Finanzrahmen. Was erwarten Sie hier?

Deutschland könnte die Verabschiedung erreichen, vielleicht sogar direkt im Juli. Dann gäbe es endlich Planungssicherheit. Die Debatten zum Mehrjährigen Finanzrahmen laufen seit Mai 2018. Seitdem hat sich einiges getan. Anfangs sollte das EU-Budget schrumpfen, seit dem Vorstoß von Frankreich und Deutschland im Mai dieses...