EU-Parlament: Kräftig aufgemischt

Im neu gewählten Europaparlament finden sich unter den Agrar­experten bekannte Gesichter, aber auch einige Neuzugänge.

Die liberale ALDE-Gruppe muss sich in landwirtschaftlichen Fragen ganz neu aufstellen: Sowohl die FDP-Expertin aus Schleswig-Holstein, Britta Reimers, als auch der Schotte George Lyon, zuletzt agrarpolitischer Sprecher der Liberalen im Hohen Haus, verloren ihre Mandate.

Die geschrumpfte ALDE-Fraktion profitiert aber vom Fall der 5%-Hürde in Deutschland: Einerseits wurde damit ein völliges Ausscheiden der FDP verhindert, die künftig noch mit drei statt wie bisher zwölf Sitzen vertreten ist. Gleichzeitig will die einzige gewählte Kandidatin der Freien Wähler, Ulrike Müller, sich der ALDE anschließen. Die 51-Jährige ist Bäuerin im Allgäu und seit dem Jahr 2008 Mitglied des Bayerischen Landtags.

Unter 50 % Beteiligung
Die Wahlbeteiligung lag im Durchschnitt mit 43,1 % auf dem Niveau von 2009; dabei schwankte sie zwischen 13 % in der Slowakei und 90 % in Belgien und Luxemburg, wo Wahlpflicht herrscht. In Deutschland stimmten 47,9 % der Wahlberechtigten ab.

Ferner sind mit dem wiedergewählten Martin Häusling und Maria Heubuch (erstmals gewählt) zwei Landwirte der deutschen Grünen im Parlament. Die 55-jährige Heubuch ist Bundesvorsitzende der Arbeits­gemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) aus Baden-­Württemberg.

Agrarpolitiker der CDU

Erneut gewählt wurden die Agrarpolitiker Albert Deß von der CSU und Dr. Peter Jahr von der sächsischen CDU. Norbert Lins aus Pfullendorf im südlichen Baden-Württemberg ist neu in der Gruppe der CDU-Abgeordneten. Der 36-jährige Verwaltungswirt hat bereits Interesse an einer Mitgliedschaft im Landwirtschaftsausschuss angemeldet.

Für die Christdemokraten haben sich daneben die erfahrenen Abgeordneten Dr. Reimer Böge (Schleswig-Holstein) und Dr. Renate Sommer (NRW) – beide Agrar­ingenieure – ihre Plätze im Plenum gesichert.

Für die französische Schwesterpartei der Union, die UMP, wurde unter anderem Michel Dantin wiedergewählt. In Österreich wurde die ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Köstinger im Amt bestätigt, in Nord­italien Herbert Dorfmann von der Südtiroler Volkspartei.

Wie sieht es bei den Sozialdemokraten aus?

Bei den Sozialdemokraten hat Ulrike Rodust aus Schleswig-Holstein den Wiedereinzug ins Parlament geschafft. Ausdrücklich Gefallen an einer eventuellen Mitarbeit im Landwirtschaftsausschuss hat Maria Noichl aus Rosenheim bekundet. Die neu gewählte Europaparlamentarierin ist Fachlehrerin für Ernährung und Gestaltung. Die 47-Jährige war von 2008 bis 2013 Agrarsprecherin der SPD im Bayerischen Landtag.

Ferner konnte der bisherige Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Paolo De Castro, sein Mandat für den italienischen Partito Democratico verteidigen. Der portugiesische Sozialist Manuel Luis Capoulas Santos kehrt hingegen nicht ins Parlament zurück.

Das Wahlergebnis spiegelt insgesamt eine Schwächung der meisten etablierten Parteien wider. Gegenüber der auslaufenden Legis­laturperiode haben sowohl die christdemokratische EVP, die Konservativen (EKR), die sozialdemokratische S&D und die liberale ALDE als auch die Grünen mit der Europäischen Freien Allianz (EFA) Sitze verloren.

Große Parteien verlieren

Absolut hat es die EVP mit 61 Mandaten weniger besonders schwer getroffen. Sie bleibt trotzdem mit 213 Abgeordneten die stärkste Gruppe, gefolgt von der S&D mit 190 Parlamentariern. Zulegen konnten lediglich die Vereinten Europäischen Linken sowie die Skeptiker vom Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD).

Die großen Gewinner sind andere Parteien: Sie konnten ihre Abgeordnetenzahl zusammengenommen auf 106 annähernd verdreifachen und machen somit 14 % des gesamten Plenums mit 751 Köpfen aus. Frankreichs rechtspopulistischer Front National entsendet allein 24 Abgeordnete, nur drei weniger als die SPD.

Kleine und ganz Kleine

Aus Deutschland zogen auch Stefan Eck für die Tierschutzpartei und Klaus Buchner für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) ein, ferner jeweils ein Vertreter der Piratenpartei, der Familienpartei, der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sowie der Satiregruppe „Die Partei“. Hinzu kommen sieben Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD). AgE/ri