Eklat um Woike: Jäger sind sauer

Hat sich Dr. Martin Woike, Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, abfällig über die Jagd geäußert? Dieser Vorwurf belastet derzeit das Verhältnis zwischen dem Landesjagdverband NRW und dem Ministerium.

Das musste ja so kommen.“ Die Pessimisten unter den Jägern werden sich durch die Vorkommnisse in den vergangenen Tagen bestätigt fühlen. Und selbst manch einer, der bisher auf den von NRW-Umweltminister Johannes Remmel zugesagten „Dialog auf Augenhöhe“ vertraut hat, wird mittlerweile wohl arge Zweifel haben, wie es um die Zusage des grünen Politikers steht. Dabei war gar nicht der Minister selbst, sondern sein Abteilungsleiter Dr. Martin Woike der Stein des Anstoßes.

Jagd uninteressant machen

Bei einer Sitzung im Ministerium am 16. Januar soll sich Woike „eingehend und vernichtend“ über die Jagd geäußert haben. Das zumindest geht aus einem Brief hervor, den der Präsident des Landesjagdverbandes (LJV) NRW, Ralph Müller-Schallenberg, daraufhin an Minister Remmel schrieb. Wie dem Schreiben, datiert vom 24. Januar, zu entnehmen ist, ging es bei dem Gespräch im Ministerium eigentlich um die Zusammenlegung zweier biologischer Stationen im Kreis Aachen. Darüber hinaus soll Woike, als Leiter der Abteilung Forsten, Naturschutz im Düsseldorfer Umweltministerium unmittelbarer Ansprechpartner des LJV beim Thema „Jagd“, Folgendes gesagt haben:

  • Jäger hätten ohnehin keine Lobby mehr.
  • Derzeit würden Überlegungen angestellt, dass die Naturschutzverbände erworbene Flächen an Alt-Eigentümer zurückgäben, damit diese dann eine Befreiung von der Jagd aus ethischen Gründen verlangen könnten. Es werde und müsse ein Flickenteppich entstehen, sodass die Bejagung in den bisherigen Jagdrevieren uninteressant werde.
  • Zudem würden die landesjagdgesetzlichen Bestimmungen so stark verändert, dass die bisher geübte Bejagung nicht mehr zulässig sei.
  • Im Ergebnis solle damit die Jagd uninteressant gemacht werden, sodass die Jäger die Lust hieran verlören.


"Ungeheuerliche Aussagen"

Entsetzt über diese Aussagen hatte eine Teilnehmerin an diesem Gespräch daraufhin den Rheinischen Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (RVEJ) informiert. Dessen Vorsitzender setzte wiederum den LJV-Präsidenten davon in Kenntnis.

Da Müller-Schallenberg die „ungeheuerlichen Aussagen“ des Abteilungsleiters nicht glauben wollte, setzte er sich mit der Zeugin des Gesprächs in Verbindung. Diese bestätigte den Inhalt der gemachten Äußerungen als „vollkommen richtig“.

In seinem Brief an Remmel brachte Müller-Schallenberg sein Entsetzen über derartige Aussagen des Abteilungsleiters zum Ausdruck. Er sei persönlich und menschlich zutiefst enttäuscht. Die Äußerungen Woikes seien „für die Jägerschaft schlichtweg inakzeptabel“ und ließen erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob die bisher seitens des Ministeriums proklamierte Form des Dialogs auf Augenhöhe, beispielsweise durch die Einrichtung des Arbeitskreises Jagd und Natur, überhaupt und von Anfang an ehrlich gemeint gewesen seien. In seinem Schreiben bat der LJV-Präsident den Minister zudem um umgehende Klarstellung, ob die von Abteilungsleiter Woike geäußerten Positionen auch die des Ministers bzw. die der Landesregierung seien.

Anschuldigungen falsch?

In einer offenen Stellungnahme des Ministeriums vom 30. Januar heißt es: „Diese Anschuldigungen sind falsch.“ Der betroffene Mitarbeiter Woike habe eine dienstliche Erklärung vorgelegt, in der er die gegen ihn vom LJV erhobenen Vorwürfe abstreitet und dementiert.

Diese Einschätzung werde durch eine weitere Mitarbeiterin des Hauses, die ebenfalls an der Sitzung am 16. Januar teilgenommen habe, bestätigt. Das Thema Jagd habe in diesem sachlichen Gespräch nur eine Nebenrolle gespielt, heißt es in der Stellungnahme weiter. Seit mehreren Jahren hätten der Mitarbeiter und der LJV-Präsident vertrauensvoll und konstruktiv zusammengearbeitet. Daher sei man über den Inhalt des Briefes und die Art und Weise, wie der Landesjagdverband das Schreiben an die breite Öffentlichkeit lanciere, sehr erstaunt.

Bedauerlicherweise hätte der Betroffene nicht die Chance gehabt, auf die Vorwürfe des LJV im Vorfeld zu reagieren. Gleichwohl biete dieser dem Verband und dessen Präsident ein klärendes Gespräch an, „um die bisherige konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit fortzuführen“.

Brief des Ministers

Neben der offiziellen Stellungnahme des Ministeriums brachte Remmel in einem offiziellen Antwortbrief an Müller-Schallenberg seine Verwunderung zum Ausdruck, dass dieser ihn wegen der Unstimmigkeiten oder Unklarheiten nicht auf dem „kurzen Dienstweg“ direkt kontaktiert habe.

Wie Remmel in dem Brief betonte, sei er aber „nach wie vor sehr an der Fortführung des konstruktiven Dialogs auf sachlicher Basis interessiert“. Er wäre Müller-Schallenberg daher dankbar, wenn dieser die haltlosen Anschuldigungen gegen den Abteilungsleiter kurzfristig, zum Beispiel im Rahmen der Jagdmesse in Dortmund, ausräumen würde.

„Jägerschaft will Klarheit“

Doch weit gefehlt: In seiner Rede zur Eröffnung der Messe „Jagd & Hund“ in Dortmund am Dienstag dieser Woche sprach Müller-Schallenberg, in Anwesenheit Woikes, von einem „politischen Eklat ersten Ranges“. Nach dem Vorfall sei die Geduld der Jäger erschöpft. Remmel müsse endlich der Öffentlichkeit eine Vorlage für ein Landesjagdgesetz präsentieren.

Der LJV-Präsident wörtlich: „Die nordrhein-westfälische Jägerschaft will Klarheit – und zwar jetzt und nicht erst nach den Kommunal- und Europawahlen im Mai.“ Und weiter: „Eine Hauruck-Gesetzgebung bis Ende des Jahres 2014, wenn das geltende Jagdrecht in NRW ausläuft, werden wir nicht mit machen.“ bp