„Ein völlig falsches Signal“

Der Kreistag des Kreises Herford und der Bau- und Umweltausschuss der Stadt Herford haben kürzlich beschlossen, zukünftig den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf kreiseigenen landwirtschaftlichen Flächen zu verbieten.

Zunächst war nur ein Verbot des Totalherbizids Glyphosat in der Diskussion. Jetzt haben die Politiker noch einen draufgesetzt. In nur 48 Stunden wurde kürzlich im Kreistag Herford nach einem Antrag der Partei „Die Linke“ und mit Zustimmung von den Grünen und der SPD ein Beschluss durchgeboxt, nach dem zukünftig bei Neuverpachtungen und Pachtverlängerungen auf städtischen und kreiseigenen landwirtschaftlichen Flächen überhaupt keine „Pestizide“ mehr eingesetzt werden dürfen. Betroffen sind 32 ha kreiseigene Flächen und 18 ha der Stadt Herford.

Völlig inakzeptabel

Das Vorgehen der Behörden kritisierte der WLV-Kreisverband Herford-Bielefeld am Mittwoch vergangener Woche in einem Pressegespräch auf dem Betrieb des Vorsitzenden Hermann Dedert in Hiddenhausen aufs Schärfste. „Das Anwendungsverbot ist völlig inakzeptabel und sendet ein absolut falsches Signal an die Bürger. Wir fordern den Kreis und die Stadt Herford auf, die nicht zielführenden Beschlüsse zurückzunehmen“, erklärte Dedert. Zielführender sei es vielmehr, in der Diskussion um Artenvielfalt und Insektensterben gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Hierzu sei die Landwirtschaft bereit.

Nach den Worten des Vorsitzenden ist ein Beschluss gefasst worden, der sachlich und fachlich nicht untermauert, sondern fahrlässigerweise nur auf emotionaler Basis erfolgt ist. Dedert kritisierte, dass weder die Kreistagsabgeordneten noch die Umweltausschussmitglieder sich vor der Abstimmung informiert hätten. Fachleute der Landwirtschaftskammer oder gar Gutachter seien nicht, wie bei anderen Beschlüssen üblich, hinzugezogen worden.

Fast ein Berufsverbot

„Hier wurde bewusst auf Fachinformationen verzichtet“, kritisiert Wilhelm Brüggemeier, Kreislandwirt in Herford und Vizepräsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV). Der Beschluss grenze an ein Berufsverbot, da konventionelle, aber auch ökologisch wirtschaftende Betriebe von einem „Pestizidverbot“ betroffen seien. Denn auch im Ökolandbau zugelassene Hilfsstoffe fallen unter den Oberbegriff „Pestizide“.

Außerdem ist zu hinterfragen, ob der Kreistag oder Umweltausschuss überhaupt befugt ist, den Einsatz zu verbieten. Die Nutzung und fachgerechte Bewirtschaftung wird bei Verpachtung an die Landwirte delegiert. Zuständig und verantwortlich ist also der Pächter und nicht der Eigentümer. Brüggemeier zog einen Vergleich: „Es ist so, als wenn Sie als Vermieter dem Mieter Ihrer Wohnung den Gebrauch sämtlicher Reinigungsmittel verbieten würden. Beides ist schlicht sitten­widrig.“

Gefährliches Signal

Der Beschluss hat eine weitreichende Wirkung: Zunächst ist die Gefahr groß, dass er Nachahmer etwa in anderen Kommunen findet. Außerdem wird der Flächenverbrauch weiter angeheizt. So sind allein im Kreis Herford von 1988 bis 2010 etwa 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche durch Ausgleichsmaßnahmen, Industrie- und Straßenbau verloren gegangen.

Der Flächenverbrauch führt dazu, dass der Selbstversorgungsgrad in Deutschland bei nur noch 85 % liegt. Das bedeutet: 15 % der Nahrungsmittel müssen derzeit bereits eingeführt werden. Ohne die Nutzung moderner ­Anbauverfahren fiele der Selbstversorgungsgrad auf etwa 40 % ­zurück.

„Dies ist das falsche Signal“, so Dedert. Wir brauchen auch in Deutschland eine zukunftsorientierte Landwirtschaft, die Dünger, Pflanzenschutzmittel und moderne Züchtungsmethoden nutzen kann, um die 7,2 Mrd. Menschen auf dieser Welt zu ernähren. Die Beschlüsse sind daher verantwortungslos und ignorieren die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und die Zweckbestimmung landwirtschaftlicher Nutzflächen.