Noch sind einige Buchten frei im neuen Schweinestall von Timo und Carolin Hofmeyer aus Hofgeismar-Carlsdorf im Landkreis Kassel. Aber in Kürze werden den Landwirten aus allen 56 Buchten des Außenklima-Neubaus jeweils etwa 25 Schweine neugierig entgegenblicken. Die Altersstruktur reicht dann vom frisch eingestallten 28-kg-Ferkel bis zum Endmastschwein kurz vor dem Schlachttermin.
Familie Hofmeyer plant nämlich eine Vermarktung als Tierwohl-Schweine aus regionaler Erzeugung. „Das setzt aber voraus, jede Woche die passenden Qualitäten liefern zu können“, erklärt der Landwirt, der in den vergangenen Wochen und Monaten mit mehreren interessierten Abnehmern gesprochen hat. Dabei hat sich bestätigt, was logisch klingt: Im gehobenen Preissegment der Außenklima- und Tierwohl-Schweine ist die Zahl der Erzeugerbetriebe noch übersichtlich, und auch deshalb eine regelmäßige Belieferung Bedingung. Die Endkunden an der Fleischtheke wollen ja nicht nur alle sechs oder acht Wochen frische Spezialitäten aus der Region.
Ferkel aus eigener Aufzucht
„Die kontinuierliche Mast passt jedoch gut in unsere Betriebsabläufe“, erklärt Carolin Hofmeyer. Die Familie hält an einem zweiten Standort rund 190 Sauen. Auch dort wird im Wochenrhythmus gearbeitet. Das ergibt rund 100 Ferkel pro Woche, die von der Sau abgesetzt werden bzw. aus der Ferkelaufzucht in die Mast wechseln.
„Bislang haben wir den Großteil unserer Ferkel an einen festen Mäster abgegeben, zu dem eine mehr als 20-jährige Geschäftsbeziehung besteht. Nur ein kleinerer Teil wurde selbst gemästet. Durch den Neubau der beiden baugleichen Außenklimaställe für jeweils knapp 750 Tiere passen die Mastkapazitäten jetzt zur Sauenherde“, erklärt Timo Hofmeyer. „Wir wollten den Betrieb, zu welchem auch eine 650-kW-Biogasanlage gehört, schließlich weiterentwickeln“, ergänzt seine Frau.
Durch den neuen Stall arbeiten die Hofmeyers jetzt im geschlossenen System und halten ihre Masttiere zudem so, wie viele Verbraucher sich eine besonders tiergerechte Schweineproduktion vorstellen. Die kontinuierliche Beschickung bringt zwar einige hygienische Nachteile mit sich, weil beispielsweise keine Rein-Raus-Belegung möglich ist, weiß Timo Hofmeyer. Da die Ferkel aus eigener Erzeugung stammen, muss er aber nicht befürchten, sich mit jeder Einstallung eine neue Keimflora in den Maststall zu holen. „Wir wissen genau, welche Tiere wir mästen und was diese seit der Geburt erlebt haben“, verweist Carolin Hofmeyer auf einen unbestrittenen Vorteil eines Kombibetriebes.
1,5 m² Platz je Tier
Bis die ersten Mastferkel vor zweieinhalb Monaten eingestallt werden konnten, musste die Familie aus Nordhessen jedoch Geduld aufbringen, da mit den Genehmigungsbehörden zunächst einige Dinge rund um die baurechtliche Einordnung zu klären waren. „Bei unserem Vorhaben handelte es sich schließlich nicht um einen Stall von der Stange. Zudem gestalten sich die Abstandsberechnungen bei Außenklimaställen insgesamt etwas komplizierter“, beschreibt Carolin Hofmeyer die Hintergründe.
Seit September tummeln sich jetzt jedoch immer mehr Schweine in dem geräumigen Stall mit 1,5 m² Platz für jedes Tier. Die jeweils 10,20 x 3,75 m messenden Buchten bestehen aus einem planbefestigten, eingestreuten Liege- und Aktivitätsbereich sowie einem Kotbereich mit hochgelegtem Schlitzboden und automatischer Unterflur-Schieberentmistung. Das Kot-Harn-Stroh-Gemisch gelangt durch den Schieber zunächst in einen Querkanal, dann in eine Vorgrube und geht von da aus schließlich zur Energiegewinnung in die Biogasanlage.
Reichlich Gedanken hat sich die Familie um die Klimagestaltung im neuen Stall gemacht. Jetzt hoffen die Schweinehalter, dass ihre Planungen aufgehen, denn der Stall ist gewissermaßen ein Prototyp, der in dieser Form so noch nirgends gebaut wurde, wissen Timo und Carolin Hofmeyer um die Herausforderung. Die ersten Wochen des Stallbetriebes stimmen sie jedoch zuversichtlich.
Klimaführung ernst nehmen
Der Liegebereich beispielsweise ist zunächst einmal nur bei der Hälfte der Buchten mit aufklappbaren Klimadeckeln versehen, um den Ferkeln vor allem wintertags einen besonders geschützten Kleinklimabereich anzubieten. „Bei den schwereren Schweinen reicht dagegen bislang die Einstreu und das wärmegedämmte Dach des Stalles, damit es im Gebäude nicht kälter als 15 bis 16 °C wird“, so die Beobachtung des Landwirts nach den ersten Frostnächten der Saison.
Im Sommer wird die Buchtenabdeckung sowieso überwiegend geöffnet sein, vermutet der Schweinehalter. Dann wird sich auch endgültig zeigen, wie gut die Luftführung über das Curtainsystem mit Vogelnetz und Folie und den regulierbaren Licht-Luft-First funktioniert. „Vermutlich bauen wir – wie geplant – noch eine automatische Steuerung mit Windsensoren ein“, denkt Hofmeyer laut nach: „Denn die Einstellung von Hand ist vor allem bei wechselnden Wetterlagen zu ungenau. Da ist man im Zweifel immer etwas zu spät dran!“
Die Luftführung muss aber passen. Schließlich ist sie auch im Außenklimastall eine wichtige Stellgröße für die Buchtenhygiene: Die Tiere sollen ihren Kot und Harn nämlich auf den Spalten absetzen und nicht im eingestreuten Liegebereich. Dieser müsste sonst in Handarbeit gesäubert werden.
Automatisches Einstreuen
Apropos Einstreu: Diese Arbeit erledigt in Hofmeyers neuem Außenklima-Tierwohlstall eine vollautomatische Einstreuanlage mit Staubabsaugung. Der Automat fährt an einer Hängebahn aus Stahlträgern unter der Stalldecke über die Buchten hinweg. Die Anlage überquert dabei jeweils den Liegebereich. Durch den geöffneten Deckel wird die vom Landwirt gewünschte Strohmenge in den Ruhebereich dosiert. „Bedienen und programmieren lässt sich die Einstreuanlage ganz einfach vom Smartphone aus“, erklärt Timo Hofmeyer.
Das benötigte Stroh wird im Stallvorraum geladen. Es lassen sich sowohl Quader- als auch Rundballen verwenden. Da die Einstreuanlage sämtliche Buchten des zweihäusigen Außenklimastalles anfahren kann und dabei auch ein Stück weit durch den Außenbereich zwischen den beiden Ställen geführt wird, hat Hofgeismar-Carlsdorf seit September seine eigene kleine Schwebebahn!
Was die Einstreumenge angeht, so kalkuliert Familie Hofmeyer mit einem Rundballen (200 kg) pro Tag für den ganzen Stall. Diese Menge passt ganz gut, damit die Schweine immer ein wenig Stroh vom Liege- und Aktivitätsbereich in Richtung Kotschlitz bewegen. Der Boden weist dafür 3 % Gefälle auf.
Das Einstreuen erfolgt in der Regel während der morgendlichen Stallarbeit und dauert etwa eine Stunde, so die bisherige Erfahrung des Landwirtes. „Natürlich ist das ein anderes Arbeiten als im konventionellen Warmstall“, räumt Hofmeyer ein: „Und über die wirtschaftlichen Ergebnisse können wir auch noch nicht viel sagen. Schließlich werden die ersten Schweine erst in Kürze verkauft. Wir sehen aber, wie gut die Tiere im neuen Stall zurechtkommen.
Optionen offen halten
„Wir wissen, dass wir mit unserem Ansatz ein Stück weit Neuland betreten“, erklären die Eheleute gegenüber dem Wochenblatt: „Der Stall ist ein Gebäude nach unseren eigenen Vorstellungen und Wünschen. Einen konventionellen Maststall wollten wir angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung aber nicht bauen. Da fehlt uns schlicht der Glaube an die Planungssicherheit.“
Die Hofmeyers haben die Gebäude zudem ganz bewusst so positioniert, dass sich an jede Bucht noch ein Außenauslauf mit 1 m² je Schwein anbauen ließe. Aktuell kommt das nicht infrage. Aber der neue Maststall könnte damit relativ einfach auf die Bioschweine-Erzeugung umgestellt werden. „Damit halten wir uns für die Zukunft alle Optionen offen“, erklären Timo und Carolin Hofmeyer, denn ihr neuer Stall soll nicht nur den Ansprüchen der Tiere gerecht werden, sondern auch denen der Menschen.
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