Edeka: Ärger um Billigpreis-Kampagne
Mit einer neuen Niedrigpreis-Kampagne hat Edeka scharfe Reaktionen in Landwirtschaft und Politik ausgelöst. Nun rudert der Lebensmittelriese zurück: Alles sei bloß ein Missverständnis.
Eine Edeka Werbekampagne mit dem Komiker Otto Waalkes sorgt in Landwirtschaft und Politik für Empörung. Anlässig des 100-Jährigen Firmenjubiläums wirbt Jubilar Edeka Minden-Hannover derzeit mit dem Slogan „Sie haben einen Preis verdient: den niedrigsten“ bzw. „Essen hat einen Preis verdient: den niedrigsten“.
Wir verramschen hochwertige Lebensmittel #EDEKA Unerträglich!!! pic.twitter.com/ke71U5vpnX
— Joachim Rukwied (@JRukwied) January 27, 2020
"Lebensmittel werden verramscht"
In der Landwirtschaft ist die Kampagne auf scharfe Kritik gestoßen: „Wertschätzung von Essen und Lebensmitteln erzeugt man damit nicht", erklärte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, heute in Berlin. Rukwied wirft dem Unternehmen vor, hochwertige Lebensmittel zu verramschen. Seiner Auffassung nach laufe die Kampagne der Diskussion um Qualität und Nachhaltigkeit oder Zusammenarbeit in der Lieferkette zuwider. Er fordert das Bundeskartellamt auf, zu überprüfen, ob Edeka erneut seine Marktmacht mit missbräuchlichen Methoden ausnutze, um Werbeziele zu erreichen.
Mehr als 200 Landwirte aus der Umgebung haben ihrem Ärger unverzüglich Ausdruck verliehen und in der Nacht zu Montag vor dem Edeka-Zentrallager in Wiefelstede nahe Oldenburg mit ihren Traktoren die Zufahrt blockiert. Organisiert wurde der Protest laut Medienangaben von der Initiative "Land schafft Verbindung".
Zu einer spontanen Demonstrationen haben sich Sonntagabend etwa 100 Landwirte mit ihren Traktoren vor dem #Edeka-Großlager bei #Oldenburg eingefunden. Der Grund des Protestes blieb zunächst unklar. https://t.co/T7v9wnTPeE
— HAZ (@HAZ) January 27, 2020
„Das Gegenteil von Nachhaltigkeit“
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Julia Klöckner äußerte Verständnis für den Ärger der Bauern. „Es ist wie David gegen Goliath, wenn Bauern mit dem Handel verhandeln. Dass gerade Lebensmittel immer wieder für Lockangebote und für Dumpingpreise herhalten müssen, kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen“, erklärte die Ministerin. Zwar beklage der Handel, Verbraucher würden nicht mehr bezahlen wollen; er selbst setze jedoch immer mehr Tiefstpreise. „Da darf man sich nicht wundern, wenn Verbraucher sich daran gewöhnen“, so Klöckner. Das sei „das Gegenteil von Nachhaltigkeit“.
Es ist wie David gegen Goliath, wenn Bauern mit dem Handel verhandeln." (Julia Klöckner)
Auch der Westfälisch-Lippische Landfrauenverband stellte in einer Pressemittelung klar: Mit dem Anspruch auf „billig müssen sie sein“ können Lebensmittel nicht umweltverträglich, artgerecht und sozial hergestellt werden.
Bloß ein Missverständnis?
Mittlerweile hat sich auch Edeka Minden selbst zu Wort gemeldet: bei der Marketingkampagne handle es sich um ein großes Missverständnis. In der Stellungnahme der Handelskette heißt es: "Es war nie unsere Absicht, mit unserer Kampagne Landwirte und Erzeuger zu verärgern. Bei dem Plakat handelt es sich um ein Missverständnis. Ziel der Marketingkampagne war es, alle Ortschaften, wie z. B. auch Minden oder Bremen in unserem Absatzgebiet individuell anzusprechen. Es war somit eindeutig der Ort „Essen/Oldenburg“ gemeint und nicht Essen im Sinne von Lebensmitteln. Darüber hinaus, gehen die angekündigten Preisreduzierungen der Produkte nicht zu Lasten der Landwirte, sondern werden ausschließlich von der Großhandlung getragen. Die Plakate, die zu dem Missverständnis geführt haben, wurden nach den ersten Hinweisen umgehend entfernt."