DVT-Tagung: Schweigen ist falsch

Obwohl moderne Tierhaltung in Deutschland aus wirtschaftlicher Sicht eine Erfolgsgeschichte ist, ist das Image der Tierproduktion auf einem Tiefpunkt. Wie Helmut Wulf, Präsident des DVT (Deutscher Verband Tiernahrung) auf der elften Jahrestagung am Donnerstag vergangener Woche in Berlin sagte, ist 2011 für die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft das Jahr der Krisen.

„Dioxin, Fukushima und EHEC haben der deutschen Seele stark zugesetzt“, zeigte sich Wulf überzeugt. Dies war der Grund für den Verband sich mit dem Thema „Ist nach der Krise vor der Krise? Vom Umgang mit gefühlten und realen Bedrohungen“ zu beschäftigen.

Was wollen Verbraucher?

Um Krisen aus der Sicht von Verbrauchern zu beleuchten, hatte der DVT Gerd Billen, den Vorstandsvorsitzenden der Verbraucherzentrale Bundesverband eingeladen. „Ihre Branche ist die Achillesferse in der Lebensmittelkette. Denn Lebensmittel sind nicht nur Verbrauchs-, sondern auch Vertrauensgüter“, betonte Billen. Beispielsweise sei es für Verbraucher zwar kein Problem, dass jedes vierte T-Shirt in Deutschland aus gentechnisch veränderter Baumwolle hergestellt wird. Gentechnik bei Lebensmitteln wird jedoch strikt abgelehnt.

Nach den Worten Billens stellen Verbraucher zunehmend höhere Ansprüche an die Qualität von Lebensmitteln. „Wenn etwas auf der Packung draufsteht, muss es auch drin sein. Denn Verbrauchen wollen Wahrheit und Klarheit“, betonte der Vorstandsvorsitzende. Er empfahl der Agrarbranche, auch auf empfundene Bedrohungen von Seiten der Verbraucher zu reagieren, anstatt die Menschen mit ihren Ängsten allein zu lassen.

Im Zusammenhang mit den Lebens- und Futtermittelkrisen in disem Jahr forderte Billen generell eine verbesserte Abstimmung zwischen den Ministerien. Zuständigkeitsgerangel sollte es nicht geben. Gerade in Gesundheitsfragen genießt beispielsweise das Bundesgesundheitsministerium die höchste Glaubwürdigkeit bei den Verbrauchern. Bei Lebensmitteln forderte er, dass Föderalismusprinzip der Länder aufzuheben, da es bei einer globalen Warenkette nicht mehr zeitgemäß ist: „Man kann heute keinem Verbraucher mehr zumuten, auf 16 verschiedenen Internetseiten nachzusehen.“

Was sagt die Wissenschaft?


Nie ist Kommunikation so wichtig wie in Krisen. Diese Überzeugung vertrat Prof. Dr. Hans Mathias Kepplinger von der Universität Mainz. „Am Anfang einer Krise muss man schnell reagieren. Dabei ist es nicht wichtig, unbedingt viele Fakten rauszugeben, sondern überhaupt zu reagieren“, erklärte der Wissenschaftler. Das oberste Ziel der Kommunikation sei es nicht, den Verbraucher aufzuklären, sondern die Glaubwürdigkeit der Branche bzw. des Unternehmens zu bewahren.

Nach den Worten Kepplingers sollten alle Informationen schnell, aber nicht überhastet der Öffentlichkeit übermittelt werden. „Wenn herauskommt, dass Sie etwas zurückgehalten haben, haben Sie an Glaubwürdigkeit verloren“, warnte der Experte. Im Zweifelsfall sollten Probleme am Anfang eher betont als bestritten werden, da es später leichter sei, zu entwarnen, als ein Risiko hochzustufen. Kepplinger empfahl Unternehmen bzw. Verbänden sich schon in ruhigen Zeiten auf einen möglichen „Tag X“ vorzubereiten, um in Krisenzeiten professioneller reagieren zu können. KB

Den ausführlichen Bericht lesen Sie bitte in Wochenblatt-Folge 39/2011.