Direktvermarktung im Supermarkt

Der Betrieb Güldenpfennig & Wollert vermarktet einen Teil seiner Milch im Supermarkt. Sie starteten mit drei Automaten und bemerkten schnell, dass die Zahl nicht reicht, um wirtschaftlich Direktvermarktung zu betreiben.

Eigentlich war ein neuer Stall in Planung und dann kam die Milchkrise“, erklärt Marion Wollert aus Stendal (Sachsen-Anhalt). Während einer Exkursion mit den Landfrauen in den Süden Sachsen-Anhalts ließ sich die Landwirtin inspirieren: Sie besichtigten einen Betrieb, der Milch im Supermarkt vertreibt.

Mit einem Foto auf dem Handy und der Idee im Kopf, selbst umliegenden Lebensmitteleinzelhändlern Milch anzubieten, machte sich die Unternehmerin in der Woche darauf zum nächstgelegenen Supermarkt auf. „Der Marktleiter war begeistert“, erinnert sich Wollert.

Das war im September 2016. Die an die Milchkammer angrenzende Krankenbucht wurde zur neuen Milchküche umgebaut. Am 21. Dezember verkaufte die Wollert & Güldenpfennig GbR ihre erste Milch im Supermarkt.

Von drei auf zehn

„Wir hatten die Illusion, dass wir unsere Direktvermarktung mit drei Automaten schaffen“, gibt Ehemann Rainer Wollert zu. Doch es stellte sich schnell heraus, dass das ein Trugschluss war: Jeden Morgen Milch pasteurisieren, Supermärkte beliefern und zur Verfügung stehen, wenn es Probleme mit den Automaten gibt. Dazu kam das tägliche Geschäft des Milchviehbetriebs. „Wir konnten das nicht stemmen“, erinnert sich der Betriebsleiter. Mit nur drei Automaten war die Direktvermarktung wirtschaftlich nicht tragbar und die Arbeitsbelastung für die Milch­erzeuger zu hoch. Schnell war klar, dass mehr Automaten her müssen. Wollerts entschieden sich dazu, auf zehn Automaten aufzustocken. „Das Interesse war groß bei den Supermärkten. Einige sind sogar von sich aus auf uns zugekommen“, schildert Marion Wollert (geborene Güldenpfenning) ihre Erfahrung. Mittlerweile haben sie einen festen Mitarbeiter und zwei Teilzeitkräfte für die Direktvermarktung eingestellt.

Im 60 km entfernten Magdeburg stehen fünf Automaten. „Eine der Milchtankstellen ist sogar 80 km vom Betrieb entfernt“, erklärt Rainer Wollert. Allerdings liegen auf der Route dorthin die anderen Automaten, sodass der Fahrer die Strecke nicht ausschließlich für eine Zapfstelle fährt.

Zehn von diesen Automaten betreibt die Güldenpfennig & Wollert GbR. Die Verkaufszahlen liegen zwischen 30 bis 200 l je Automat und Tag. (Bildquelle: Gierse-Westermeier)

Jeden Tag pasteurisieren

Morgens um 4.45 Uhr starten die Betriebsleiter mit der Milchverarbeitung. Sie wird mit zwei Pasteurisatoren für 20 Sekunden auf 75 °C erhitzt, anschließend auf 20 °C abgekühlt und dann im Milchtank bei 6 °C gelagert. Rainer Wollert belädt den betriebseigenen Kühl-Lkw, sodass der Mitarbeiter pünktlich um 5.45 Uhr seine Tour starten kann. Im Regelfall ist er gegen 15.30 Uhr wieder da.

Die Milch bietet der Betrieb für 1,30 bis 1,50 € je l an – abhängig vom Anfahrtsweg. Die Verkaufszahlen liegen zwischen 30 und 200 l je Automat und Tag. Das Investitionsvolumen belief sich auf etwa 500  000 €. Abhängig vom Wochentag bestückt Rainer Wollert die 200-l- oder 400-l-Tanks. „Montags verkaufen wir nicht so viel wie freitags oder samstags“, so die Erfahrung des Direktvermarkters. Sein Ziel ist, dass möglichst wenig Milch zum Hof zurückkehrt. Eine App sendet ihm sowohl die Füllstände und Umsätze der Automaten als auch den Bedarf an Wechselgeld. Der Mitarbeiter trägt eine hohe Verantwortung: Er hat Kontakt zu den Kunden, geht mit einem sensiblen Lebensmittel um und bringt abends das Geld mit nach Hause. Die Milch, die zurückkommt, wird an die Kälber vertränkt.

Herausforderungen

Neben jedem Milchautomaten ist ein Flaschenautomat platziert. Eine Glasflasche kostet 1 €. Da viele Kunden vergessen, die Flasche wieder mitzubringen und dann nicht bereit sind, eine neue zu kaufen, haben sich die Betriebsleiter etwas Neues überlegt: Für 50 Cent können Kunden eine PET-Flasche kaufen und mit Milch befüllen. So haben sie nicht zwei Glasflaschen zu Hause, müssen nicht erneut 1 € investieren und können die Plastikflasche wieder entsorgen, wenn sie nicht mehr benötigt wird.

Bei jeder Inbetriebnahme eines Automaten stand die Landwirtin die ersten 14 Tage als Ansprechpartnerin zur Verfügung. „Ich musste erst lernen, wie ich mit Kunden umgehe“, erinnert sie sich. Zum Beispiel habe sie oft den Satz gehört, sie könne unmöglich die Bäuerin sein, weil sie keine Gummistiefel trage. Zunächst empfand sie diese Aussage als unhöflich, bemerkte aber schnell, welches Bild von Landwirten noch in den Köpfen der Verbraucher verankert ist. „Wir lernen immer noch täglich dazu“, ist sich das Ehepaar einig.