Ohne technische Unterstützung beim Datenmanagement verliert man den Überblick und kann den Betrieb nicht weiterentwickeln. Gleichzeitig sollte man den Blick auch künftig aufs Tier oder die Pflanze richten und sich nicht allein auf seinen Computer verlassen.
Diese Aussagen von der Fachtagung „Digitalisierung auf dem Bauernhof“ aus der vergangenen Woche skizzieren die Rolle der Vernetzungstechnik in der Landwirtschaft recht gut: Die Digitalisierung bietet große Chancen, genauer und effektiver zu arbeiten. Die Verantwortung bleibt aber weiterhin beim Landwirt, lautete eine Kernbotschaft der Veranstaltung, zu welcher der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und die ALB-Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung, Landtechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft auf den Eichhof in Bad Hersfeld eingeladen hatten.
Schnelles Internet nötig
Um die digitalen Möglichkeiten jedoch überhaupt nutzen zu können, benötigen die Landwirte einen leistungsfähigen Internetzugang. Dass dies trotz vollmundiger Versprechen aus der Politik auf dem Land noch längst keine Selbstverständlichkeit ist, verdeutlichte Carsten Mawick. Der Landwirt aus Sorga bei Bad Hersfeld wollte seinen Hof im Außenbereich vor zwei Jahren an eine 300 m entfernt verlaufende Glasfaser-Leitung anschließen.
Hierbei erwarteten ihn jedoch etliche Hindernisse. „Wir mussten auf den 300 m der Faserstrecke unter anderem Radwege, Gasleitungen und Bachläufe kreuzen bzw. überwinden. Technisch war das kein Problem, denn die Gasleitung liegt beispielsweise 9 m tief in der Erde und das Glasfaserkabel nur 50 cm. Aber den bürokratischen Aufwand sollte man nicht unterschätzen. Für fast alles benötigt man eine offizielle Genehmigung“, beschrieb Mawick das Prozedere.
Letztendlich hat es lange gedauert und viel Mühe gekostet, den Anschluss zu verwirklichen. Dennoch ist Mawick froh, dass es auf seinem Hof jetzt schnelles Internet gibt: Er hat dort einige Wohnungen vermietet und betreibt ein kleines Sachverständigenbüro. Möglicherweise werden weitere Gebäude künftig als Gewerbeflächen genutzt. „Da ist ein vernünftiger Internetanschluss ein echter Wettbewerbsfaktor“, so Mawick – auch wenn der Anschluss zunächst mehrere 10.000 € gekostet hat.
Mit seiner Investition in den technischen Fortschritt steht Mawick indessen nicht allein da. Wie Uwe Mohr von der landwirtschaftlichen Lehranstalt Triesdorf berichtete, werden in Bayern aktuell 70 bis 80 % der neuen Milchviehställe mit Melkroboter gebaut: Das ist ein klarer Trend zur Automatisierung, so der Leiter der Triesdorfer Tierhaltungsschule. Dort wird ein Teil der 135 Kühe ebenfalls automatisch gemolken.
Außerdem wurden in den vergangenen Jahren umfangreiche Erfahrungen mit verschiedenen digitalen Hilfsmitteln gesammelt. So wurden beispielsweise Halsbandsensoren getestet, welche die Wiederkauaktivität der Kühe und ihre Bewegungsintensität erfassen. Daraus lässt sich auf eine mögliche Brunst schließen, weil die Tiere dann aktiver unterwegs sind und weniger Zeit mit dem Fressen bzw. Wiederkauen verbringen.
Eine andere Möglichkeit sind Pansenboli mit integrierten Sensoren, welche die Körpertemperatur, die Bewegungsaktivität und das Trinkverhalten der Kuh messen. Ein Programm wertet die Daten aus und erkennt Kühe, die brünstig sind oder kurz vor der Abkalbung stehen, denn etwa zehn Stunden vor der Geburt sinkt die Körpertemperatur der Kuh um 0,5 °C. Durch eine geschickte Nutzung solcher Daten lässt sich ein wertvolles Frühwarnsystem im Betrieb installieren, so Mohr. Die digitalen Hilfsmittel im Kuhstall sind jedoch kein Ersatz, sondern immer nur Ergänzung und Hilfe. Die Entscheidungen soll und muss weiterhin der Landwirt treffen.
Beispiele aus der Praxis
Welche Arbeitserleichterung und Effizienzsteigerung die modernen Techniken bieten können, wurde in den drei Praktikerberichten der Fachtagung deutlich:
- Torsten Reim aus Hohenstein im Taunus zum Beispiel bewirtschaftet einen 270-ha-Betrieb mit vielen kleinen Schlägen (durchschnittlich 2,3 ha groß) und stark wechselnden Bodenverhältnissen. Vor knapp zehn Jahren hat er begonnen, von seinen Ackerflächen teilflächenspezifische Daten zu sammeln und auszuwerten. Bei Düngung und Pflanzenschutz arbeitet er mit satellitengesteuerten Maschinen (GPS- Technik) und orientiert sich an „Online-Karten“, in welchen nicht nur die Bodenverhältnisse hinterlegt sind, sondern auch die von einem Sensor erfasste Vorwinterentwicklung der Pflanzenbestände. Das ermöglicht eine sehr präzise Bestandesführung zum Wohle von Ökonomie und Ökologie.
- Matthias Teepker bewirtschaftet mit seinem Bruder Stefan im emsländischen Handrup einen Betrieb mit 600 ha Ackerbau, rund 1100 Zuchtsauen im teilgeschlossenen System, Hähnchenmast und Energieerzeugung. Die zahlreichen Teilbetriebe erfordern eine intensive, interne Kommunikation. Die Brüder haben deshalb sämtliche Standorte miteinander vernetzt – entweder über Richtfunk, LTE-Mobillösungen oder über das eigene, 25 km umfassende Glasfasernetz. Von allen Standorten aus kann auf den Server zugegriffen werden, um Daten aus dem Sauenplaner einzupflegen, online eine Lieferung Mastschweinefutter zu bestellen oder wichtige Kenndaten aus der Energieerzeugung abzufragen. „Ohne diese technischen Möglichkeiten wäre ein Betrieb wie der unsrige viel schwerer zu führen“, möchte Matthias Teepker die Hilfsmittel nicht missen.
- Das geht auch Michael Dörr und seiner Tochter Leonie so. Sie bewirtschaften im südhessischen Roßdorf einen 210-ha-Hof mit 300 Milchkühen, Biogasanlage und weiteren Aktivitäten wie Hofführungen (30 000 Besucher im Jahr!). Vor allem im Milchviehbereich werden Automatisierung und Datenauswertung konsequent umgesetzt. Zahlreiche Digitalkameras beispielsweise zeigen, was gerade in der Abkalbebox los ist oder am Milchverkaufsautomaten. Auch beim Herdenmanagement leistet die moderne Technik wertvolle Hilfe, so Leonie Dörr: „So habe ich nicht nur den Trächtigkeitsstatus jeder Kuh stets griffbereit. Das Programm erinnert mich auch daran, wenn bei einer Kuh der Klauenverband gewechselt werden sollte. Das hilft, den Kopf für andere wichtige Dinge freizubehalten.“
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