Die Hälfte der Bauern ist unzufrieden

Karsten Schmal beim WLV-Milchforum auf den Agrar Unternehmertagen: Die Lieferbeziehungen gehören auf den Prüfstand.

Auch wenn die Milchpreise wieder ein halbwegs erträgliches Niveau erreicht haben, gibt es für die Kuhhalter keine Entwarnung. Karsten Schmal, Vorsitzender des Milchausschusses beim Deutschen Bauernverband, nahm beim Milchforum des WLV am Mittwoch kein Blatt vor den Mund: 32 Cent sind nicht genug, um die Verluste der vergangenen Jahre auszugleichen. Und der Handel stellt immer neue Forderungen auf, die Molkereien wie Landwirte zu erfüllen haben. Das geht so nicht. Schmal wörtlich: Bei der Gentechnik-Freiheit hat uns der Lebensmitteleinzelhandel eins ausgewischt.

Lieferbeziehungen modernisieren

Nachholbedarf besteht laut Schmal, der selbst einen Hof mit 185 Kühen bewirtschaftet, auch bei den Lieferbeziehungen zwischen Landwirten und Molkereien. Gut die Hälfte der Milchbauern möchte zum Beispiel mehr Absicherungsmöglichkeiten für den eigenen Milchpreis verankern. Wenn die Milchverarbeiter stur am Einheitspreis festhalten, dann lassen sich einzelbetrieblich die Erzeugerpreise kaum absichern. Direktes Engagement an der Leipziger Terminbörse ist für die meisten Landwirte utopisch.

Molkereien und Landwirte müssen aber auch über Mengen sprechen, forderte Schmal. Dabei gehe es nicht um staatlich kontrollierte Regelungen wie Quoten. Aber Absprachen bezüglich der zu liefernden Milchmengen in bestimmten Zeiträumen sowie der Preise seien wichtig. Eine gewisse Sympathie für sogenannte A- und B-Preismodelle ließ der hessische Bauernpräsident dabei auch erkennen.

Lieber selbst aktiv werden

Schmal sieht durchaus das Risiko, dass bei weiterer Untätigkeit der Branche stattdessen der Staat aktiv wird. Dann könnte beispielsweise die Abnahmeverpflichtung der Milchwerke in Frage gestellt werden. Auch die Ausnahmeregelung für Genossenschaften im Gesetz über die Gemeinsame Marktorganisation steht zur Debatte. Und insgesamt könnte dann die genossenschaftliche Arbeitsweise gefährdet sein.

Positiv hob der „Milchpräsident“ die Aktivitäten einzelner Molkereien hervor, die jetzt schon ihren Lieferanten oder Mitgliedern Preisabsicherungsmodelle über die Terminbörse anbieten. Dabei geht es entweder darum, die mit bestimmten Verkäufen erzielte Verwertung direkt an die Landwirte weiterzugeben, oder um die reine Dienstleistung, an der Terminbörse für die Bauern Absicherungsgeschäfte abzuwickeln. Immerhin eine Möglichkeit, den Landwirt nicht jeder Marktschwankung ungeschützt auszusetzen.

Dass der Lebensmitteleinzelhandel große Verantwortung für die deutsche Milcherzeugung hat, ließ Schmal nicht unerwähnt. Der Missbrauch von Marktmacht gefährdet die Zukunft der hiesigen Betriebe. Nachhaltige Erzeugung funktioniert nur, wenn sie auch wirtschaftlich ist. ri