Medienkommentare zur Agrarpolitik

Die Bauern-Milliarde: Mit Staatshilfe „ein bisschen gut Wetter machen“?

Über die „Bauern-Milliarde“ der Großen Koalition wird hitzig diskutiert – nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in den beobachtenden Medien. Wir haben uns mal das Echo in den Tageszeitungen genauer angesehen.

Die Landwirtschaft soll in den kommenden vier Jahren mit 1 Mrd. Euro unterstützt werden. Das haben die Parteichefs der Großen Koalition bekannt gegeben. Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder sprach griffig von einer „Bauern-Milliarde“. Ist das die Lösung? Oder auch nur ein guter Vorschlag? Oder ist das Schweigegeld und Bestechung?

Über diesen Schritt der Großen Koalition ist nun eine Diskussion entbrannt – nicht nur unter den Landwirten, sondern auch in den Medien. Wir haben einige Pressestimmen zusammengestellt.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung urteilt:

„Im Koalitionsausschuss finden alle Bittsteller Gehör bis auf die Steuerzahler. Diese traurige Erkenntnis bestätigt das jüngste Spitzentreffen von Union und SPD. Auf Betreiben von CSU-Chef Markus Söder ergeht ein Geldregen an die Bauern: Eine Milliarde Euro, verteilt auf vier Jahre, soll sie mit den wirtschaftlichen Risiken der auch auf deutsches Betreiben hin immer weiter verschärften EU-Naturschutzvorgaben versöhnen. Die neuerliche Staatshilfe ist der einfachste Weg, ein bisschen gut Wetter zu machen bei empörten Traktorfahrern – aber auch der untauglichste. Die Landwirte wird das nicht mit den strengen Auflagen für den Naturschutz versöhnen, die viele von ihnen als weltfremd ansehen, als unvereinbar mit einer rentablen industriellen Landwirtschaft, die nötig ist, um eine wachsende Bevölkerung zu ernähren.“

Die Politik habe es nicht verstanden, mit den Landwirten in einen konstruktiven Dialog über die vielfältigen Probleme zu treten, meint das Westfalen-Blatt aus Bielefeld:

„Tierschutz und Umweltschutz sind auch vielen Bauern keineswegs egal. Gerade auch die jüngere Generation ist darum bemüht, ihre Felder nicht auf Kosten einer Grundwassergefährdung zu bewirtschaften. Das muss man ihr einfach mal so abkaufen! Weniger Einsatz von Pestiziden und Insektiziden, mehr Platz in den Ställen – all das ist in einer auf Maximalerträge getrimmten Landwirtschaft nicht zum Nulltarif zu bekommen. Viele wollen gutes Fleisch, nährstoffreiche Milch, mehr Bioprodukte. Dabei müssen die Landwirte aber unterstützt werden. Und dazu gehören eben auch feste Regeln und finanzielle Konzepte. Hier muss die Politik ansetzen. Das Prinzip der Gießkanne hilft nicht.“

Während sich die Regierungsparteien für Finanzhilfen feierten, sprächen verärgerte Landwirte von „Schweigegeld“ – so zumindest sieht es die Neue Osnabrücker Zeitung und urteilt:

„Ungerechtfertigt ist die Kritik aus der Landwirtschaft aber nicht. Denn was kommt von diesem Geld am Ende wirklich bei jedem Einzelnen an? Bundesweit gab es zuletzt rund 266 600 landwirtschaftliche Betriebe. Das bedeutet: Für deren Modernisierung und damit auch Zukunftsfähigkeit plant die Bundesregierung weniger als 1000 Euro pro Landwirt pro Jahr. Wie soll das einen umfassenden Strukturwandel unterstützen? Zumal nicht einmal klar ist, wie das Geld die Landwirte erreichen soll. Wahrscheinlich ist, dass damit Investitionsprojekte subventioniert werden – nicht das erste Programm der Politik dieser Art, bloß geholfen haben solche Subventionen der Landwirtschaft in ihrer Umbruchphase bislang wenig.
Es ist also verständlich, dass die Bauern sich weiterhin von der Politik nicht ernst genommen fühlen. Statt neue Wege zu gehen, antwortet die Politik nach alten Mustern mit Geld, das allein die Herausforderungen des Strukturwandels nicht lösen wird. Zumal die EU-Kommission die gerade erst verschärfte Düngeverordnung, gegen die über Wochen und Monate demonstriert wurde, teils als zu lasch zurückgewiesen hat.“

Auch die Hannoversche Allgemeine Zeitung weist auf die Ablehnung seitens der Landwirte:

„Das hat es so noch nicht gegeben: Bauern protestieren gegen Milliardensubventionen aus Berlin. Und die Landespolitik steht hinter ihnen. Das Manöver der müden GroKo in Berlin ist auch zu durchsichtig: mit einer Finanzspritze die Gemüter beruhigen und damit eines der großen Probleme verdecken. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der öffentliche Druck wird größer, die Regelungen schärfer. Richtig ist auch, dass inzwischen auf vielen Höfen eine Generation von gut ausgebildeten Landwirten wirtschaftet, die zu Reformen bereit ist. Wenn man sie denn lässt. Da wäre kluge Politik fast wichtiger als Geld.“

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