Debatte um Nitratwerte im Trinkwasser

Vor einer Verteuerung der Trinkwasserpreise aufgrund zu hoher Nitratwerte hat das Umweltbundesamt (UBA) gewarnt. Bauernverbände kontern, die UBA-Studie verbreite "eine abenteuerliche Modellrechnung".

Vor einer deutlichen Verteuerung der Trinkwasserpreise in einigen Teilen Deutschlands aufgrund zu hoher Nitratwerte hat das Umweltbundesamt (UBA) gewarnt.

Bei der Vorstellung einer Studie zur „Quantifizierung landwirtschaftlich verursachter Kosten“ bei der Trinkwasserbereitstellung wies UBA-Präsidentin Maria Krautzberger darauf hin, dass nicht zuletzt wegen der landwirtschaftlichen Nährstoffüberschüsse in mehr als 27 % der Grundwasserkörper derzeit beim Nitrat der Grenzwert von 50 mg/l überschritten werde. Würden die Nitrateinträge dort nicht bald sinken, müsse das Rohwasser teuer aufbereitet werden.

Durch diese Maßnahmen könnten die Trinkwasserkosten nach Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) um 55 bis 76 Cent pro Kubikmeter steigen. Das entspricht der Behörde zufolge einer Preissteigerung von 32 % bis 45 %. Eine vierköpfige Familie müsste demnach bis zu 134 Euro im Jahr mehr für das Trinkwasser zahlen.

Düngeverordnung "lange überfällig"

Krautzberger begrüßte die "lange überfällige" Novellierung der Düngeverordnung. Damit diese zur Senkung der Nitrateinträge und zur Vermeidung teurer Aufbereitungskosten beitragen könnten, seien jetzt eine konsequente Umsetzung und verstärkte Kontrollen in den betroffenen Regionen nötig. Falls sich die Belastungen nicht verringerten, müssten weitere und strengere Auflagen für die Landwirtschaft erfolgen, so die UBA-Präsidentin.

Die Kosten für die Reinigung von nitratbelastetem Grundwasser in Deutschland werden in der UBA-Studie auf 580 bis 767 Mio. €/Jahr geschätzt. Dem stünde ein Aufwand von bis zu 112 Mio €/Jahr für Maßnahmen der novellierten Düngeverordnung in der Landwirtschaft gegenüber, stellte das Umweltbundesamt fest. Nach seiner Darstellung wird durch diese Diskrepanz bei den Kosten deutlich, dass Vorsorge auch beim Trinkwasserschutz billiger ist als Reparatur.

Scharfe Töne aus Bayern
Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). bezeichnete die UBA-Studie als „abenteuerliche Modellrechnung“. Dank vieler kooperativer Umweltschutzmaßnahmen leisteten die bayerischen Bauern bereits enorm viel für den Schutz des Wassers. Mehr als 96 % der geförderten Rohwassermenge sowie der untersuchten Trinkwassergewinnungsanlagen in Bayern halten den Grenzwert von 50 mg Nitrat /l ein, so Heidl. Er bezeichnete es als „eine Unverschämtheit“, dass das Umweltbundesamt wider besseren Wissens reißerische Schlagzeilen produziere und damit die Bauern an den Pranger stelle. Das UBA erwecke den Eindruck, dass sich die Situation verschlechtere. Dabei sei der Nitratgehalt im bayerischen Grundwasser in den vergangenen zwei Jahrzehnten konstant geblieben. Im landwirtschaftlich beeinflussten Grundwasser der südbayerischen Schotterplatten nehme der Nitratgehalt seit 2004 sogar tendenziell ab. AgE

DBV kritisiert "ungerechtfertigte Panikmache"

Als „ungerechtfertigte Panikmache“ hat der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, die Schlussfolgerungen des Umweltbundesamtes (UBA)bezeichnet. Krüsken wies darauf hin, dass der Einsatz zusätzlicher Aufbereitungstechnik zum Herausfiltern von Nitrat aus dem Grundwasser nur eine untergeordnete Rolle spiele. Auch könne man nicht von einer generellen Verschlechterung der Grundwasserqualität sprechen, wie der Nitratbericht der Bundesregierung von Ende 2016 zeige.

Demnach konnten die Nitratwerte bei 33 % des bundesweiten Messstellennetzes verbessert werden, erläuterte der DBV-Generalsekretär. Auch nach dem Bericht der EU-Umweltagentur sei das Grundwasser in 82 % der mehr als 1200 Messstellen in Deutschland in Ordnung. An der Lösung der Problemfälle müssten und würden Landwirtschaft und Wasserwirtschaft kooperativ zusammenarbeiten.

Nach Krüskens Überzeugung werden auch die Landwirte in Regionen mit hoher Viehdichte ihrer umweltpolitischen Verantwortung gerecht. Beispielsweise seien an den Trinkwasserentnahmestellen in Niedersachsen im Rohwasser durchschnittlich 5 mg Nitrat/l gemessen worden, also ein Zehntel des Grenzwertes von 50 mg Nitrat/l.

Reformen statt Reflexe

Mit der neuen Düngeverordnung sei erst in der Woche zuvor „die wohl weitreichendste Überarbeitung der düngerechtlichen Vorschriften der letzten 20 Jahre“ in Kraft getreten sei. Die dort erfolgten Beschränkungen und Verbote seien einschneidend für den Landwirt und seine künftige Düngung und dürften einen signifikanten Beitrag zur Verringerung der Nitrateinträge ins Grundwasser leisten, erklärte Krüsken. Es sei daher angebracht, diese Reform jetzt mit den Landwirten umzusetzen, anstatt mit den Reflexen der zurückliegenden Jahre zu arbeiten und neue Düngevorschriften zu fordern. AgE