In der Hochsaison, ab Mitte Mai, hat Stephan Bäcker aus Gelmer-Gittrup normalerweise bis zu 150 Polen und Rumänen als Erntehelfer beschäftigt. Sie fallen in diesem Frühjahr fast komplett aus. Jetzt erhält Familie Bäcker viele Anrufe und Mails von Leuten, die sich kurzfristig als Erntehelfer anbieten. Doch viele Interessenten eignen sich gar nicht für die schweren Arbeit auf den Feldern. Diese Erfahrung machen fast täglich der junge Landwirt und seine Schwester Anne Arnskötter, die das Büro auf dem Betrieb leitet. Die Bäckers bauen 40 ha Spargel und 20 ha Erdbeeren an. Die Früchte vermarkten sie überwiegend direkt in Verkaufsstände in Münster.
Fünf Agenturberater
Aus diesem Grund haben die Agentur für Arbeit Ahlen-Warendorf und der Arbeitgeberverband der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft (WLAV) jetzt eine Aktion für die Betriebe und Jobsuchende in Münster und im Kreis Warendorf gestartet. Fünf Berater der Agentur nehmen die Angebote der Betriebe und die Daten der Jobsucher telefonisch entgegen. Die Arbeitgeber melden, welche Kräfte sie benötigen. Die Jobsucher wiederum füllen einen Fragebogen aus und geben zum Beispiel an: Alter, Wohnort, Vorkenntnisse, körperliche Einschränkungen usw.
Danach filtert die Agentur die Daten der Jobsucher und schickt den Betrieben eine Liste von Bewerbern, die auf den Betrieb passen. „Das können Kurzarbeiter, Solo-Selbstständige, Arbeitslose, Hausfrauen, Rentner oder Asylbewerber sein“, sagt Joachim Fahnemann, Leiter der Agentur für Arbeit. „Mit der Aktion möchten wir die Arbeitgeber entlasten. Gleichzeitig wollen wir jenen helfen, die durch Corona in finanzielle Not geraten sind und dringend ein zusätzliches Einkommen brauchen.“
Arbeitswille muss da sein
Laut Bäcker unterschätzen viele Bewerber die oft eintönige und schwere Arbeit insbesondere beim Spargelstechen. „Bei den Erntehelfern muss der Wille zum Arbeiten da sein, sie brauchen auch eine gewisse Fitness und Durchhaltevermögen,“ betont der junge Vater.
Auf dem Hof Bäcker fangen die Spargelstecher in Kolonnen ab 6 Uhr morgens an. Nach vier bis fünf Stunden ist Mittagspause. Danach weitere drei Stunden. Neue Kräfte arbeiten in den ersten Tagen nur zwei bis drei Stunden zur Eingewöhnung. „Wer es im Rücken oder kaputte Knie hat, der hält auf dem Spargelfeld nicht lange durch,“ weiß Bäcker.
Eines sollten Jobsucher wissen: Zwar ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, den Mindestlohn von derzeit 9,35 € zu zahlen. Doch die Spargelstecher arbeiten fast alle im Akkord und erhalten Zuschläge, wenn sie fleißig sind.
Auch andere Agenturen?
WLAV-Geschäftsführerin Marion von Chamier hofft, dass jetzt auch andere Arbeitsagenturen in NRW dem guten Beispiel aus Münster folgen und ähnliche Aktionen starten. „Unsere Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie brauchen jetzt schnell die richtigen Arbeitskräfte etwa zur Spargel- und ab Anfang Mai zur Erdbeerernte. Die Natur wartet nicht auf uns.“
Für landw. Betriebe und Jobsuchende hat die Agentur für Arbeit Münster eine telefonische Hotline eingerichtet: 0251 698900, Montags bis freitags 8 bis 16 Uhr.