Corona-Ausbruch

Tönnies hat Vertrauen verspielt

Die Firma Tönnies soll Wohnadressen ihrer Mitarbeiter nur zögerlich herausgegeben und damit die Arbeit der Behörden behindert haben.

Update 18 Uhr: Um 17:30 Uhr trat Clemens Tönnies persönlich vor die Kamera, um zu den Vorwürfen (siehe unten) Stellung zu beziehen.

Clemens Tönnies heute in Rheda. (Bildquelle: Schulte/Screenshot)

Er widersprach dem Vorwurf, Adressdaten fahrlässig zurückgehalten zu haben. Stattdessen erklärte er, dass sein Unternehmen gar nicht über die geforderten Daten verfügt hätte. Von den über Dienstleister angestellten Mitarbeitern habe sein Unternehmen nur den Namen, das Geschlecht und das Geburtsdatum gehabt. "Mehr Daten dürfen wir nach Werkvertragsrecht gar nicht haben", erläuterte Tönnies. Daher habe man die Behörden zunächst um eine offizielle Anordnung gebeten, um bei den Dienstleistern Druck aufbauen zu können, damit diese die Wohndaten herausgeben.

Rücktrittsforderungen wies Clemens Tönnies entschieden zurück: "Ich stehe in Verantwortung. Ich werde dieses Unternehmen aus der Krise führen. Ich lasse das Unternehmen und die Mitarbeiter nicht im Stich."

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In puncto Corona-Geschehen bei Tönnies liegen dem Kreis Gütersloh mittlerweile 3127 Befunde vor, davon sind 1029 positiv. Damit sei der Anstieg der Fallzahlen nicht mehr ganz so stark wie in den Vortagen, erklärte Landrat Sven-Georg Adenauer auf der heutigen Pressekonferenz im Kreishaus in Gütersloh. Auch ein Eintrag des Corona-Ausbruchs in die Bevölkerung habe bisher glücklicherweise nicht stattgefunden. "Wir haben noch die Chance zu verhindern, dass es zu einem regionalen Lockdown kommt", so Adenauer vor den Journalisten.

Allerdings scheint das Verhältnis zwischen dem Kreis und der Firma Tönnies inzwischen zerrüttet zu sein. "Das Vertrauen, das wir in die Firma Tönnies setzen, ist da auf Null", betonte Thomas Kuhlbusch, der Leiter des Krisenstabs. Bis gestern Abend habe man immer wieder versucht, die Personallisten und Adressen der Mitarbeiter zu bekommen. Doch die Firma Tönnies habe die Daten nur zögerlich herausgegeben. Auf einer Liste beispielsweise hätten bei etwa 30 % der Mitarbeiter die Adressen gefehlt. "Da haben wir gestern den Papp aufgehabt", erklärte Kuhlbusch. Daher habe man dann Ordnungsverfügungen zur kompletten Rausgabe der Personallisten erlassen und sei am Abend mit dem Arbeitsschutz im Betrieb gewesen. Vor Ort habe man ermitteln können, dass es im Kreis Gütersloh 1300 Wohnungen gibt, wo Tönnies-Mitarbeiter wohnen. "Das sind deutlich mehr, als wir ursprünglich im Blick hatten", so der Krisenstabsleiter.

Mobile Teams sollen diese Wohnungen nun nach und nach aufsuchen, weitere Abstriche von Tönnies-Mitarbeitern und ihren Familien nehmen, die Menschen über die Quarantäne und weitere Maßnahmen aufklären und ihnen Unterstützung anbieten. Um Sprachbarrieren zu überwinden, seien auch rumänische und polnische Dolmetscher bei den Besuchen dabei.

Aktuell leisten 65 Soldaten der Bundeswehr Amts- und Vollzugshilfe bei den Maßnahmen. Zusätzliche Kräfte der Polizei fahren Streife und überwachen die Einhaltung der Quarantäne. "Es ist eine Mammutaufgabe, 7000 Menschen zu kontrollieren", kommentierte Adenauer.