"Das Preisniveau für Rindfleisch in Deutschland wird durch Mercosur nicht verändert.“ Das glaubt Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter bei Westfleisch. Er referierte vergangene Woche Dienstag bei dem WLV-Arbeitskreis für Rindfleischerzeugung in Münster über die Auswirkungen des Mercosur-Abkommens.
Mercosur überschätzt?
Zwischen Europa und den Drittstaaten gibt es mehr als 20 Handelsabkommen, erklärte Qualbrink. Unter anderem gehört die „High Quality Beef Quota“ mit 66.800 t Frischware zu einem Zollsatz von 20% dazu. Sie wird zurzeit zu 60% ausgeschöpft. Diese Quote gibt es schon seit Jahren und sie mache den deutschen Markt nicht kaputt, da es sich nur um Edelstücke zu hohen Preisen handelt.
Außerdem gehört die „EU 481 Grain Quota“ mit 45.000 t zollfreiem Fleisch dazu. Das ist ein Abkommen der EU mit Australien, Neuseeland, Uruguay, Argentinien, Kanada und den USA. Aktuell haben die USA einen Anteil von 12.000 t an der Quote. Zu Beginn des Jahres 2023 bekommen die USA Lieferrechte von bis zu 35.000 t und verdrängen damit andere Länder. Das heißt, dass nicht mehr Fleisch nach Deutschland kommt. Die Quote wird anders aufgeteilt.
Mit dem Mercosur-Abkommen würden Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela 99.000 t Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5% nach Europa liefern. Ohne Knochen ginge es noch um 75.000 t Fleisch.
Argentinien und Uruguay verlieren durch den „USA-Deal“ ein Zollkontingent von 16.000 t Rindfleisch. „Dieses werden sie in das Mercosur-Abkommen verschieben“, versicherte Qualbrink den Mästern. Zudem werden aktuell rund 118.000 t Rindfleisch, davon 44.000 t zum vollen Zollsatz, aus den Mercosur-Staaten nach Europa importiert.
Der Einkaufsleiter von Westfleisch meinte: „Die 44.000 t Fleisch zu vollem Zollsatz werden ebenfalls in das Mercosur-Abkommen verschoben.“ Dann würden jährlich nur noch 16.000 t mehr Rindfleisch auf den europäischen Markt drücken. Werden die 44.000 t trotzdem weiter zum vollen Zollsatz geliefert, kommen 60.000 t Rindfleisch zusätzlich auf den europäischen Markt.
Irland mit schöner Story
„Im Gegensatz zu Irland sind Argentinien und Brasilien aber kalkulierbar. Der Brexit ist deutlich spannender“, sagte Qualbrink.
Im vergangenen Jahr importierte das Vereinigte Königreich rund 380.000 t Rindfleisch. „70% der britischen Rindfleischimporte kommen aus Irland. Im Falle eines ungeregelten Brexits vergibt die WTO zollfreie Kontingente für frisches, gefrorenes und verarbeitetes Rindfleisch. Das bedeutet, dass die übrigen 95.000 t Rindfleisch neuen britischen Zöllen unterliegen könnten“, sorgte sich Qualbrink.
Wenn das Vereinigte Königreich dann mit den USA kooperiere, drücke das irländische Rindfleisch auf den europäischen Markt. Das Problem für die deutschen Rindermäster: Irland erzählt eine sehr gute Story. Ochsen und Färsen stehen auf der Weide. „Irland ist ein direkter Konkurrent mit gleicher Fleischqualität, ähnlichem Preis und mit Unterstützung vom Staat“, sagte der Westfleisch-Mitarbeiter. Eine Stimme aus dem Publikum dazu: „Wir haben vergessen, unsere Story über deutsches Rindfleisch zu schreiben.“
Qualbrink machte aber auch deutlich, dass es noch nicht zu spät sei: „An vielen Stellen gelingt Marketing, zum Beispiel bei Hofbesuchen. Aber das ergibt noch kein Gesamtimage.“ Die Verbände seien an der Reihe, etwas zu tun.
Mehr Gewicht, weniger Tiere
Dr. Bernhard Schlindwein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim WLV, nannte weitere Zahlen zum Rindermarkt. Die Rinderbestände in Deutschland sind weiter rückläufig. Aber auch wenn weniger Tiere geschlachtet wurden, lag die Rindfleischproduktion auf stabilem Niveau. Die Schlachtgewichte der Tiere insgesamt seien gestiegen. Die Nachfrage nach Rindfleisch bei den Verbrauchern sei aber weiter positiv. Rindfleisch stehe nach wie vor für gute Qualität. Allerdings ändern sich die Verbrauchergewohnheiten. Pattys für Burger, Steaks und Rippchen erleben einen Aufschwung, während die Nachfrage nach Braten und Rouladen sinkt.
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