Rüdiger Brügmann hatte eine erfreuliche Nachricht mitgebracht: „Die Aussichten für den Biomilchmarkt 2020 sind gut, die Biomilchpreise dürften steigen“, sagte der Marktexperte vom Anbauverband Bioland am Montag dieser Woche in Hardehausen. Dort hatten die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Versuchsbetrieb der Universität Kassel sowie die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) zu ihrer traditionellen Milchtagung geladen.
Deutlich mehr Biomilch
Brügmann verdeutlichte, dass die ökologisch erzeugte Milchmenge in Deutschland in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen ist: 2017 um 144 Mio. kg, 2018 um 179 Mio. kg und 2019 um 67 Mio. kg auf jetzt 1,185 Mrd. kg. Der Ökomilchanteil betrage jetzt 3,7 % an der gesamten deutschen Milchmenge. Die zusätzliche Ökomilch stamme von Umstellern und Ökomilcherzeugern, die ihre Produktion ausgedehnt hätten. Viele Molkereien hätten keine zusätzlichen Ökomilchlieferanten aufgenommen und mit Wartelisten gearbeitet, um nicht mehr Milch aufzunehmen, als sie wertschöpfend verarbeiten und vermarkten können. Das sei eine richtige Entscheidung gewesen, so Brügmann.
Denn: Zwar habe auch der Absatz von Biomilchprodukten im vergangenen Jahr zum Teil zweistellig zugelegt und bei Konsummilch hätten die Biomolkereien sogar leicht höhere Ladenpreise durchsetzen können. Dennoch stünden die Biomilchpreise unter Druck. Nach dem Rekordjahr 2017 mit mehr als 49 ct/kg sei der bundesweite Durchschnittspreis 2019 auf 47,6 Cent/kg (4,0 % Fett, inkl. Zu-/Abschläge und Nachzahlung) gebröckelt. Seit Herbst vergangenen Jahres habe der Biomilchmarkt aber wieder nach oben gedreht. „Und die Molkereien haben bei den anstehenden Kontraktgesprächen mit dem Handel eine gute Verhandlungsgrundlage. Auch, weil weniger Ökomilch aus dem Ausland nach Deutschland drückt“, sagte Brügmann.
„Politische Biomilchpreise“
Wie wichtig höhere Erzeugerpreise für Ökomilchbauern sind, verdeutlichte Randy Aller von der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Saarland/Rheinland-Pfalz. „Die veröffentlichten Biomilchpreise sind politische Preise, die Politik und Gesellschaft vorgaukeln, die Welt sei in Ordnung“, sagte er und rechnete vor: „Bei den Biobauern kommen netto weniger als 40 Cent/kg Biomilch an. Denn die Molkereien verlangen zum Teil unverschämte Abzüge für Transport, Verwaltung oder bestimmte Qualitäten.“
Aller führt das auf ein Überangebot auf dem Ökomilchmarkt zurück. Das erschwere die Vermarktung, wie er in den vergangenen Jahren selbst leidvoll mit der MEG mit 45 Mio. kg konventioneller Milch sowie 9 Mio. kg Biomilch erfahren habe. Seit 2012 sei die Biomilch zur Berliner Milcheinfuhrgesellschaft B.M.G. geflossen, die im März 2018 über Nacht Pleite ging. Zwar sei kein einziger Liter Biomilch in die Gülle gegangen, die Suche und Verhandlungen mit potenziellen Abnehmern hätten aber viele Probleme bereitet. Nach mehreren Wechseln habe die MEG seit Januar 2020 einen neuen Abnehmer, mit dem sie bisher zufrieden sind. „Geholfen hat uns bei der Vermarktung die Bündelung der Biomilch, auch wenn ich nicht sagen, ob sie auch tatsächlich höhere Preise bringt“, sagte Aller.
"Milch bündeln und anonymisieren"
Ein starkes Plädoyer für die Milchbündelung hielt auch Frank Lenz, frisch gewählter Vorsitzender der MEG Milch Board. „Erst bündeln, dann anonymisieren“, schlug er vor und verdeutlichte das an einem Beispiel: „Wenn die Nachfrage auf dem Ökomilchmarkt um 2 % sinkt, dürfte es für eine Gemeinschaft kein Problem sein, wenn jeder 2 % weniger melkt. Wenn aber einzelne Erzeuger einer Biomolkerei in einer Region diesen Nachfragerückgang ausgleichen müssen, ist das ein riesiges Problem für diese Erzeuger.“