Biobauer sammelt Ökopunkte

Landwirt Jan Hemmeke im niedersächsischen Itterbeck bewirtschaftet 16 ha Acker ökologisch: Die Naturschutzstiftung des Kreises Grafschaft Bentheim zahlt dafür Ausgleich.

Gerade im nordwestdeutschen Raum ärgern sich viele Landwirte über eine Regelung im Bundesnaturschutzgesetz: Danach sind Eingriffe in Natur und Landschaft, etwa der Bau einer Straße, eines Windparkes oder die Ausweisung eines Baugebietes, an anderer Stelle auszugleichen. Bislang werden oft Hecken angepflanzt, Flächen aufgeforstet oder Gewässer renaturiert. Fast immer wird dafür landwirtschaftliche Fläche benötigt.

Landesweites Pilotprojekt

Die Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH (KÖN) und die Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim haben jetzt ein Konzept vorgestellt, das auf Flächen des Biolandwirtes Jan Hemmeke in Itterbeck umgesetzt wird. Erstmals in Niedersachsen werden Eingriffe in Natur und Landschaft durch die ökologische landwirtschaftliche Nutzung kompensiert:

  • Hemmeke stellt 2014 und 2015 weitere 16 ha Acker auf ökologische Bewirtschaftung um. Zusammen mit angrenzenden Ökoflächen entsteht so ein 22 ha großes Areal, das in fünf Felder unterteilt wird. Der Biobauer bewirtschaftet die Felder in einer fünfgliedrigen Fruchtfolge und legt dazwischen Gras-Stauden-Säume an. Brüten Feldlerchen, Rebhühner oder Kiebitze in den Feldern oder auf den Säumen, lässt Hemmeke die Nutzung bis zum Ende der Brutzeit ruhen. Auch Gelege etwa des Großen Brachvogels schützt der Landwirt.
  • Hemmeke bewirtschaftet alle Flächen ökologisch, er verzichtet auf mineralische Stickstoffdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Wildkräuter wie Kamille oder Mohn sollen neue Lebensräume für Kleintiere und Feldvögel bieten.
  • Für die Umstellung auf den Ökolandbau und die ergänzenden Maßnahmen, die dauerhaft vertraglich und grundbuchlich gesichert sind, erhält Hemmeke eine Pacht von der Naturschutzstiftung. Auf der anderen Seite verzichtet er für diese Flächen auf die Prämie für den Ökolandbau (in Niedersachsen 234 €/ha für Acker und Grünland, in NRW liegt der vergleichbare Betrag bei 180 €/ha).
  • Ein Gutachterbüro hat die Aufwertung der Flächen in Ökopunkten berechnet. Sie fließen auf ein Ökokonto, das die Naturschutzstiftung führt. Potenzielle Eingreifer (Straßenbau, Kommunen, Indus­trie) können die Punkte erwerben. Mit den Erlösen refinanziert die Stiftung das Gesamtprojekt.


Landwirte stehen dahinter

Der Landkreis hat die Maßnahme auf dem Biobetrieb als Produktionsintegrierte Kompensation (PIK) anerkannt. Das KÖN und die Landwirte unterstützen das Projekt. Hermann Heilker, Vorsitzender des Kreislandvolkes: „Wenn wir so den Flächendruck auf die Landwirtschaft abmildern können, wird das Ganze ein Erfolgsmodell. Konventionelle und ökologische Landwirtschaft haben beide ihren Platz in der Grafschaft Bentheim.“

Eine Öko-Kontrollstelle wird jährlich die Umstellung der Flächen überprüfen. Die Uni Kassel wird untersuchen, wie die Aufwertung für den Naturschutz erfasst und dokumentiert werden kann. Das Landwirtschaftsministerium in Hannover fördert das Projekt. Das KÖN will die ökologische Bewirtschaftung als PIK verstärkt in die bäuerliche Praxis tragen. Betriebe, die sich für eine Umstellung inte­ressieren, unterstützt das Kompetenzzentrum als Mittler zu Naturschutzbehörden, Stiftungen und Eingriffsträgern und erarbeitet passende Kompensationsangebote. As

Mehr zum Projekt