Drei Betriebe impfen gegen BHV1

BHV1 außer Kontrolle?

Gewinnt das Bovine Herpesvirus 1 im Kreis Borken die Überhand? Erneut wurde ein Rindermastbetrieb positiv getestet. Drei Betriebe impfen.

Im Kreis Borken wurde der vierte Rindermastbetrieb mit 500 Tieren positiv auf das Bovine Herpesvirus (BHV1) getestet. Vergangene Woche viel der Betrieb, laut Amtstierarzt Dr. Manfred Ulrich, im Rahmen einer Kontaktuntersuchung auf. Im März dieses Jahres wurde das Virus bereits auf drei größeren Rindermastbetrieben im Kreis Borken bei Umgebungsuntersuchungen festgestellt. Teilweise haben die Betriebe mehrere Standorte.

Nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gab es in diesem Jahr in ganz NRW insgesamt 22 Betriebe mit Verdacht auf BHV1. Das bedeutet, dass es Nachweise von Antikörpern gab, aber keinen Nachweis von Viren oder klinischen Symptomen.

Notlösung: Impfung

Es ist bisher nicht endgültig geklärt wie viele Tiere auf den in Borken betroffenen Betrieben von dem Virus tatsächlich infiziert sind, da die Entnahme von Blutproben bei Endmasttieren sehr schwierig ist.

Generell besteht in Deutschland ein strenges Impfverbot gegen BHV1. Bei den drei, seit März, auffälligen Betrieben wurde nun eine Ausnahmegenehmigung erteilt: Die Bestände dürfen laut Amtstierarzt „notgeimpft“ werden, da es unmöglich ist, allen Bullen eine Blutprobe zu entnehmen. Es handelt sich dabei um rund 2000 Masttiere. Diese Ausnahmeregelung darf nur in Absprache mit Ministerium, Veterinärdienst und Landwirten getroffen werden. Impfprogramme verhindern die klinische Erkrankung der Tiere und reduzieren die Erregerausbreitung, verhindern sie aber nicht. Sie sind eine Notlösung.

Aktuell können die betroffenen Landwirte wählen, ob sie ihren Bestand impfen und dann „leer laufen“ lassen oder jedes Tier beproben und die Reagenten eliminieren. Impft ein Betrieb, dürfen an keinem der betroffenen Standorte neue Tiere eingestallt werden. Erst wenn alle Rinder geschlachtet und strengste Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nach Anweisungen der zuständigen Veterinärbehörde durchgeführt wurden, ist der Stall nach Genehmigung wieder bezugsfähig. Es muss nicht der gesamte Betrieb BHV1-frei sein, um neue Tiere in einzelne Gebäude einzustallen. Es reicht, wenn der jeweilige Standort virusfrei ist und die vom Amtstierarzt angeordneten Hygienerichtlinien eingehalten werden. Zum Beispiel dürfen nicht dieselben Maschinen auf den verschiedenen Standorten genutzt werden, auch das Personal muss genau auf die Hygieneordnung achten. Bestenfalls kommen unterschiedliche Personen mit den Tieren auf den verschiedenen Standorten in Kontakt.

Gegen die Schlachtung der positiv getesteten Tiere besteht kein Einwand, da das Virus nicht auf den Menschen übertragbar ist.

Weiterer Mastbetrieb positiv

Der kürzlich auffällig gewordene Betrieb liegt nicht im Radius von 3 km zu den anderen Betrieben. Allerdings gibt es indirekte Personenkontakte. Deshalb wurden der Betrieb stichprobenhaft beprobt. Die Beprobung hält noch an, aber es wurde schon eine große Zahl an Reagenten ausfindig gemacht. Über die weitere Vorgehensweise wird aktuell beraten. Der betroffene Landwirt hat sich zunächst für eine andere Vorgenhensweise als die anderen drei Betriebe entschieden. Er will seine Tiere untersuchen lassen und alle Reagenten eliminieren. Die Jungtiere stehen getrennt von den Endmasttieren und sind bisher BHV1-negativ, eine Zweiteilung des Betriebes ist somit nach derzeitigem Erkenntnisstand möglich.

Amtstierarzt Ulrich erklärt, dass es kein einheitliches Konzept für den Umgang mit der Seuche gibt: „Es muss von Betrieb zu Betrieb unterschieden werden“.

Trotz der aktuellen Fälle ist der Status „BHV1-frei“ laut Ulrich in NRW derzeit noch nicht gefährdet. Auch das LANUV bestätigt, dass NRW nach wie vor formal BHV1-frei ist.

Der Rattenschwanz

Die betroffenen Landwirte müssen für die Probenahme und Impfung selber aufkommen. Der Tierhalter hat keinen Anspruch auf Entschädigung. Der Beihilfeantrag für die Tierseuchenkasse gestaltet sich schwierig. Die Kosten für die Untersuchung der Proben in Untersuchungseinrichtungen/Laboren trägt das Land NRW mit der Tierseuchenkasse.

Aktuell untersuchen die Veterinäre weitere Bestände, die mit den jetzt betroffenen Betrieben Kontakt hatten oder in einem Umkreis von drei Kilometern liegen.

Rinder aus Sperrbezirken, dürfen nur mit Genehmigungen verbracht werden. BHV1 hat erhebliche Auswirkung auf die Vermarktung von Rindern. Positiv getestete Tiere sind national und international nur unter Preis absetzbar. Es gilt: Der Handel und die Verbringung von geimpften Rindern in Deutschland ist verboten. Schlachtrinder aus nicht BHV1-freien Beständen müssen auf direktem Weg zum Bestimmungschlachthof befördert werden.

Betriebsleiter sollten ihre Herde mit vorbeugenden Maßnahmen der Biosicherheit wie betriebseigener Schutzkleidung sowie der Kontrolle des Personen- und Fahrzeugverkehrs schützen. Da BHV1 in der Regel ohne Krankheitssymp­tome verläuft, bemerken die Tierhalter die Ansteckung meistens nicht.

Die Zuchtbestände in Deutschland werden seit vielen Jahren regelmäßig auf BHV1 untersucht. Zwei Mal jährlich müssen Tankmilchproben zum Erhalt des Betriebsstatus untersucht werden. Bei gemischten Betrieben oder Impfbetrieben müssen ein Mal im Jahr Blutproben genommen werden.

Bei der Aufstallung neuer Tiere sollte den Landwirten ein aktuelles Ergebnis der Blutproben vorliegen. Außerdem sind räumlich getrennte Quarantäneställe sinnvoll.