Wisentstreit in Südwestfalen

BGH: Wisent-Urteil lässt auf sich warten

Der Bundesgerichtshof In Karlsruhe hat heute über die Klage eines Waldeigentümers aus dem Sauerland gegen die freigesetzten Wisente im Wittgensteiner Land verhandelt. Der Verhandlungstag endete ohne Urteil.

Die heutige Verhandlung über die freigesetzten Wisente am Bundesgerichtshof in Karlsruhe endete ohne Urteil. Der V. Zivilsenat hatte über die Klage eines Waldeigentümers aus dem Sauerland zu verhandeln, der verhindern will, dass die von dem beklagten Verein am Rothaarsteig ausgewilderten Wisente in sein Waldgrundstück eindringen und den Baumbestand schädigen.

"Herrenlose" Herde?

Für die Auswilderung war 2013 ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden, mit dem sämtliche erforderliche Genehmigungen für die Aussetzung von Wild mit Ausnahme der (als entbehrlich angesehenen) jagdrechtlichen Genehmigungen ersetzt worden sind. Während der Wisent-Trägerverein mittlerweile von "wild lebenden Tieren" spricht und auf die Herrenlosigkeit verweist, vertrat der Karlsruher Senat eine andere Auffassung.

So stellte die Vorsitzende Richterin mit Verweis auf den besagten öffentlich-rechtlichen Vertrag gleich zu Beginn fest: "Wir sind noch in der Freisetzungsphase; in der Phase der Herrenlosigkeit sind wir noch nicht." Und weiter: " Details, dass die Transponder-Bänder abgerissen sind oder die Batterien leer sind, spielen für uns keine Rolle".

Freisetzungsphase gilt nicht unbegrenzt

Zugleich betonte sie, dass das Gericht nicht über das Schicksal der Wisente, sondern über die Ansprüche der Kläger entscheide. In dem Zusammenhang wies sie in Richtung der Vertretung des Wisentvereins darauf hin, dass es "keine Lösung sei, in der Freisetzungsphase zu verharren". Das könne auch juristische Auswirkungen haben.

Die Freisetzungsphase sei auf einen befristeten Zeitraum ausgelegt worden, auch wenn im Vertrag keine konkrete Jahreszahl genannt sei. Diese könne man nicht unbegrenzt ausdehnen. Das Schicksal der Wisente sei weniger vom Gericht abhängig, sondern wie diese dritte Phase angegangen werde, so die Richterin.

Wer schützt eigentlich die Buchen?

"Wer schützt eigentlich die Buchen?", fragte der Anwalt des Waldeigentümers und griff damit einen weiteren Aspekt des Verfahrens auf. Schließlich seien durch die Wisentschäden 100 Jahre alte Buchen im FFH-Schutzgebiet betroffen. "Wir wollen nicht dafür entschädigt werden, dass die Buchen geschädigt sind. Wir wollen, dass unser Eigentum nicht geschädigt wird" , stellte der Anwalt die Sichtweise der betroffenen Waldeigentümer klar.

Die Waldeigentümer seien stärker von den Schäden durch Rotwild betroffen, Wisente seien eher die "kleinere Petitesse", entgegnete dazu der Vertreter des Wisent-Vereins.

Am Ende der rund anderthalbstündigen Verhandlung stellte die Vorsitzende Richterin klar, dass es heute mit Sicherheit kein Urteil geben werde. Beide Seiten können nun erneut Stellung beziehen. Denkbar ist ein zweiter Verhandlungstermin oder ein schriftliches Urteil. Möglicherweise darf sich auch das Oberlandesgericht Hamm noch einmal mit dem Fall befassen.

Das ist die geltende Gesetzeslage
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich vorab auf diejenigen Gesetze hingewiesen, die im Wisent-Verfahren von Bedeutung sind. Ein Auszug:

Bürgerliches Gesetzbuch
§ 1004 Abs. 1: "Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen."
§ 1004 Abs. 2: "Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist."
§ 833 Satz 1: "Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen."
§ 960 Abs. 2: "Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt."

Bundesnaturschutzgesetz
§ 44 Abs. 1: "Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören."
§ 45 Abs. 7,1: „Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden (...) können von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden. (...) Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert."

Landesjagdgesetz NRW
§ 31 Abs. 2: „Das Aussetzen fremder Tierarten und von Schalenwild in der freien Wildbahn ist nur mit schriftlicher Genehmigung der obersten Jagdbehörde zulässig."
§ 31 Abs. 3: „Das Aussetzen weiterer Tierarten in der freien Wildbahn zum Zwecke der Einbürgerung in Jagdbezirken ist nur mit schriftlicher Genehmigung der unteren Jagdbehörde zulässig.“
§ 31 Abs. 6: „Die oder der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet, verbotswidrig ausgesetztes Schalenwild unabhängig von den Schonzeiten unter Beachtung des § 22 Absatz 4 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes unverzüglich zu erlegen.“

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