Die Sätze klingen ehrlich und nachvollziehbar. „Ich glaube dem Bauernverband, dass er sich für die Belange der Landwirte einsetzt“, sagte Maike Schulz-Broers, „aber er hat keine Stimme mehr und wird von der Politik nicht gehört.“ Stattdessen hätten oft Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) durch geschickte Kommunikation die Meinungshoheit, analysierte die Mitbegründerin von „Land schafft Verbindung“ auf einem Pressegespräch am Montag in Neunkirchen-Seelscheid im Vorfeld der Kundgebung heute in Bonn.
75.000 bei Whatsapp
Angeregt von den Protesten der niederländischen Landwirte gründete Schulz-Broers, deren Mann einen Marktfruchtbetrieb in der Lüneburger Heide bewirtschaftet, die Facebook-Seite „Land schafft Verbindung“. Drei Wochen später haben sich mehr als 16.000 Menschen angeschlossen. Zudem erreicht die Bewegung mehr als 75.000 Menschen über den Kurznachrichtendienst Whatsapp. Das sind Landwirte, verbandsübergreifend, aber auch Menschen aus dem vor- und nachgelagerten Bereich.
Für heute haben sie die Großkundgebung in Bonn mit 780 angemeldeten Schleppern sowie 10.000 erwarteten Teilnehmern organisiert, zudem weitere Protestaktionen im gesamten Bundesgebiet. Sie seien dabei auf große Unterstützung bei Polizei und Behörden gestoßen.
Die Teilnehmer eint ein Ziel. „Wir brauchen eine neue Form der Kommunikation. Was tatsächlich auf den Betrieben los, muss bis zur Politik durchdringen“, sagt Marcus Vianden. Er ist Ansprechpartner für Nordrhein-Westfalen und bewirtschaftet in der Nähe von Bonn einen Betrieb mit Acker- sowie Futterbau und bietet Lohnarbeiten an.
Kritik an Mercosur
Dazu wollen die Landwirte zum einen die Verbraucher aufklären. Beispielsweise möchten sie klarmachen, dass das Mercosur-Handelsabkommen die Versorgung mit sicheren und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln aus der Region gefährde. „Wir sollen für die Industrie ausverkauft werden. Es ist die Arroganz der Politik, hier auf die Lebensmittelproduktion zu verzichten, aber Importe aus Schwellenländern zuzulassen“, kritisiert Vianden. Positiv stimmt ihn aber, dass einige Verbraucher bereits umdenken würden und beispielsweise auf argentinisches Rindfleisch verzichten.
Zum anderen will „Land schafft Verbindung“ die Politiker in die Pflicht nehmen. Enttäuscht ist Schulz-Broers, dass Umweltministerin Svenja Schulze für die Kundgebung in Bonn abgesagt und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sich bis Montagmittag gar nicht zurückgemeldet habe. „Aber die Politiker muss uns hören!“, sagt sie und fordert wieder Politik mit Sachverstand ein.
Wie bei der Papstwahl
Dazu regt Schulz-Broers einen runden Tisch im Nachgang der Demo an. Daran sollten ihrer Meinung nach Vertreter aus Politik, den Nicht-Regierungs-Organisationen, dem Lebensmittelhandel sowie der Landwirtschaft sitzen. Dabei sollte es zugehen wie bei der Wahl des Papstes. „Wenn die Wahl gefällt ist und weißer Rauch aufsteigt, stehen alle Kardinäle verlässlich und verbindlich hinter der Entscheidung. Diese Verlässlichkeit brauchen wir bei Entscheidungen zur Landwirtschaft auch wieder“, sagt sie.
Wie geht es jetzt weiter? Heute Abend wollen die Initiatoren beraten, wie sie weiter vorgehen. Sie haben bereits verraten, dass sie noch weitere Aktionen und Ideen in Planungen haben – bis sie gehört werden.