Baron Heereman zieht Bilanz

Der Ehrenpräsident des Deutschen Bauernverbandes nimmt im Wochenblatt Stellung zur Arbeit seiner Verbände, der Stimmung unter den Landwirten und der Form der heutigen Auseinandersetzung in Politik und Gesellschaft. Bei der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bauernverbandes fehlt ihm der "Anpack".

Heereman wörtlich: "Der Ton und die Form der Auseinandersetzung sind rauer geworden. Wir hatten damals eigentlich immer gute Kontakte zu allen Gruppierungen und zur Politik, ganz gleich welcher Farbe. Man hatte mal in einzelnen Punkten unterschiedliche Meinungen, an Angriffe, wie sie in den vergangenen Jahren laufen, kann ich mich aber nicht erinnern."

In vielen Debatten über die heutige Landwirtschaft fehlt dem langjährigen Präsidenten des Deutschen Bauernverbands eindeutig der "Sach- und Fachverstand". "Viele der Wanderprediger, die durch die Lande ziehen und die Landwirtschaft kritisieren, verstehen das Metier, das wir betreiben einfach nicht", ärgert sich der langjährige Bauernpräsident."

"Sie sind aus einem Bauchgefühl heraus gegen oder für etwas", kritisiert der Westfale und appelliert: "Wer über Tierwohl diskutiert, der sollte dabei nicht das Wohl der Bewirtschafter aus den Augen verlieren. Es ist doch klar, dass wir nur mit gesunden Tieren, die sich wohl fühlen, wirtschaften können."

"Nur Friede, Freude, Eierkuchen, das geht nicht!"

Heereman ermutigt besonders die junge Generation mehr für die Interessen des Berufsstandes einzutreten: "Die Auseinandersetzungen sind ganz andere als früher. Das kann man beklagen. Jeder muss aber auch sehen, dass er da, wo er die Möglichkeiten hat, selbst mitwirkt damit es besser wird. Viel muss von den Jüngeren kommen, man kann nicht im hohen Alter glauben, man könne noch die Welt verändern. Die junge Generation muss ihren Weg gehen und sollte nicht die Fehler der alten wiederholen. Sie solle auch mal sagen – bis hier und nicht weiter: "Nur Anpassung und nur Friede, Freude, Eierkuchen, das geht nicht."

Neben lobenden Worten für die Brancheninitiative Tierwohl und die Havichhorster Erklärung des Wesfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes sparte Heereman nicht mit Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bauernverbandes: "Auf Bundesebene rudern die mir zu viel herum. Mir fehlt da teilweise der Anpack. Das Bemühen etwas zu ändern ist ja da, die Vorschläge müssen aber auch umsetzbar sein. Was ich jetzt so teilweise lese und was zugeschickt wird an Öffentlichkeitsarbeit, da ist für mich teilweise kein Anpack dran. Ich sehe da keine Motivationsschübe kommen."

Auf jeden Einzelnen kommt es an

Der Ehrenpräsident fordert seinen Verband auf eine verständlichere Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. "Derzeit ist es so, dass selbst Fachleute, und ich rechne mich dazu, die Texte teilweise nicht mehr verstehen. Und der normale Bürger schon lange nicht mehr", kritisiert er – räumt dabei allerdings ein: "Die Verantwortlichen haben es aber auch nicht leicht. Es wird wie gesagt zu viel ideologisch gedacht – vor allem von Leuten, die mit Landwirtschaft eigentlich nichts am Hut haben."

Gefragt, was der einzelne Landwirt tun könne, lässt Heereman keinen Zweifel: "Mitmachen, sich engagieren beim Gespräch mit dem Nachbarn oder der Arbeit im Verband."

Zurückblickend das Schwergewicht eher auf Europa gelegt

Zurückblickend hätte der Landwirt aus Hörstel-Riesenbeck das politische Schwergewicht eher auf die europäische Fahne gesetzt. "Seinerzeit haben wir vor allem die Mitarbeiter nach Brüssel geschickt, die hier eigentlich überflüssig waren – und nicht die Besten. Die Franzosen und alle Anderen haben schon sehr viel früher ihre Spitzenleute dahin geschickt", gab sich ehemalige COPA-Präsident selbstkritisch.

Kritisch zeigte sich Baron Heereman ebenfalls zu Aussagen von Clemens Tönnies, dem Wirken von außerlandwirtschaftlichen Investoren und dem Stil der heutigen Politik. Das vollständige Interview finden Sie im Landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe Ausgabe 51/52 2013. mss


Zur Person:
Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck (geboren am 17. Dezember 1931 in Münster) wurde 1968 zum Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes gewählt, und im darauffolgenden Jahr zum Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes. Während seiner Amtszeit (1969 bis 1997) führte der Westfale auch den Weltbauernverband (1982 bis 1986) und den europäischen Bauernverband (COPA, 1979 bis 1981 und 1990 bis 1993). Daneben war Heereman Präsident des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen (1976 bis 2004) und Präsident des Deutschen Jagdschutz-Verbandes (1995 bis 2003). Sein Mandat im Deutschen Bundestag reichte von 1983 bis 1990. Heereman ist unter anderem Ehrenvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) und des Deutschen Bauernverbandes.


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