Auswirkungen der Bauerndemos auf Bundespolitik

Bundeskanzlerin Angela Merkel will zu einem Landwirtschaftskongress einladen. Unterdessen schlägt eine Bundestags-Abstimmung zur Landwirtschaft Wellen.

Die bundesweiten Demonstrationen beschäftigen auch das politische Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel will einen Landwirtschaftskongress veranstalten und Gespräche mit Landwirten führen. Das ist am Rande der Fraktionssitzung der CDU/CSU-Fraktion am Dienstagabend unmittelbar nach den Demos durchgesickert. Einen Termin dafür gibt es nach Informationen von „top agrar“ noch nicht.

„Ministerinnen überfordert“

Das Eingreifen Merkels könnte am Druck aus Niedersachsen gelegen haben. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) forderte am Dienstagmittag die Bundeskanzlerin auf, die Agrarpolitik zur Chefsache zu machen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) seien mit der Bewältigung der Probleme überfordert, sagte sie.

Klöckner hatte vor der Fraktionssitzung am Dienstag bereits ein ­nationales Dialogforum zur Landwirtschaft angekündigt. Es soll über einen längeren Zeitraum angelegt sein und als Roadshow vor Ort in die Städte und Gemeinden ziehen. Ob der Landwirtschaftskongress von Merkel darin eingebettet wird, ließ Klöckner am Mittwochmorgen in Berlin noch offen. Der Landwirtschaftskongress soll unter dem Motto „Versöhnen statt Spalten“ laufen. Es ginge um Wertschätzung für die Landwirtschaft, aber auch darum, die Wünsche und Erwartungen der Gesellschaft auch in der Landwirtschaft abzubilden, berichtete Klöckner.

Beim Agrarpaket blieb Klöckner standfest. „Die Frage, ob ich hart bleibe oder Zugeständnisse mache, bildet nicht die Proteste ab“, sagte Klöckner. Zum Insektenschutzprogramm sei noch nichts fest entschieden, sondern der Gesetzgebungsprozess mit der üblichen Beteiligung von Bundestag, Bundesrat und den Verbänden komme noch.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze bekräftigte angesichts der sinkenden Vogelbestände in der Agrarlandschaft die Notwendigkeit eines wirksamen Insektenschutzes. Sie sei zum Dialog bereit, wenn es darum gehe, Landwirte in Zukunft noch besser dabei zu unterstützen, umwelt- und naturverträglich zu wirtschaften.

FDP-Antrag abgelehnt

Am Donnerstagabend beschäftigte sich der Bundestag mit den Bauernprotesten. Anlass war ein Antrag der FDP-­Fraktion zur Zukunft der Landwirtschaft. Darin fordert sie die Regierung auf, ein Konzept zu entwickeln, das gemeinsam mit den EU-Partnern langfristig einheitliche und verläss­liche Standards festschreibe. Der Bundestag lehnte den Antrag mit 451 gegen 139 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Für den Antrag stimmten nur die FDP und die AfD. Dass die Regierungsfraktionen mit ihrer Mehrheit im Parlament Anträge der Opposition ablehnen, sei ein üblicher Vorgang, sagen Beobachter. Zudem kritisieren einige CDU-Abgeordnete die Inhalte des FDP-Antrags. Unmittelbar nach den Bauernprotesten schlägt das aber hohe Wellen: In den sozialen Netzwerken und auf Veranstaltungen kritisieren viele Landwirte die Ablehnung der Regierungsfraktionen scharf.

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