Das wünsche ich keinem Berufskollegen“, startete Heinz van Beek seine Schilderungen am Dienstag der vergangenen Woche im Versuchs- und Bildungszentrum Haus Riswick. Anlässlich der immer wieder aufflackernden BHV1-Ausbrüche veranstaltete die Landwirtschaftskammer (LWK) Nordrhein-Westfalen eine Informationsveranstaltung zum Thema Absicherung gegen BHV1 und andere Tierseuchen.
Aufällige Tankmilchprobe
120 Kühe am Roboter und die weibliche Nachzucht gehören zum Viehbestand des Betriebes van Beek in Alpen (Kreis Wesel). Routinemäßig wird alle sechs Monate die Tankmilch auf BHV1 untersucht. Während die Probe im Februar 2017 unbedenklich war, kam im August 2017 die Rückmeldung „bedenklich“. Das Veterinäramt zog Blutproben und stellte drei Reagenten fest. „Für uns kam das aus heiterem Himmel“, erinnert sich der Seniorchef des Betriebes. Die Tagesleistung der Herde lag bei knapp 34 kg je Kuh. Der Gesundheitszustand war unauffällig. Dann ging alles Schlag auf Schlag:
1. September: Sperrung des Betriebes. Erneute Blutprobe mit bereits sechs Reagenten. „Die positiven Tiere haben wir direkt schlachten lassen“, schildert van Beek. Das Jungvieh, das in einem anderen Stall untergebracht ist, war frei. Genauso die Trockensteher auf der Weide.
Anfang Oktober: Eine weitere Blutprobe wird gezogen. Das Ergebnis: 40 Reagenten in der Gruppe der Laktierenden. Trockensteher und Jungvieh waren weiterhin frei. Es folgte ein gemeinsames Gespräch mit Vertretern der LWK, der Rinder-Union West (RUW), mit dem Veterinäramt und einem Versicherungsvertreter bei der van Beeks eine Ertragsausfallversicherung abgeschlossen hatten.
10. Oktober: Schlachtung der laktierenden Kühe und letzte Milchlieferung. Trockensteher und Jungvieh waren weiterhin frei und blieben im Bestand.
„Montags morgens um vier Uhr kamen die LKW, um die Herde zu verladen“, schildert van Beek. Um drei Uhr nachts begann die Familie, die Halsbänder abzunehmen. Da viele Hochleistende dabei waren, wollten die Betriebsleiter den Kühen so lange wie möglich Zutritt zum Roboter gewähren. „Das Verladen ging erstaunlich gut“, so der Landwirt. „Man arbeitet wie in Trance in so einer Situation. Das war eine seltsame Erfahrung.“ 107 Kühe und ein Kalb wurden letztlich geschlachtet.
Im leeren Stall ging es gleich im Anschluss los mit der Reinigung. Mithilfe eines Minibaggers wurden die Tiefboxen geleert. Eine Spezialfirma rückte an, um die Spaltenböden zu säubern. Die Roboterräume reinigte die Familie in Eigenleistung.
Mitte Oktober: Abnahme des Stalls durch das Veterinäramt. Anschließend erfolgte die Desinfektion. Trockene, zum Teil schon abgekalbte Kühe wurden eingestallt. Die Tiere wurden gemolken, die Milch aber nicht geliefert. Zu gering war die Milchmenge, um sie abholen zu lassen. Im Güllekeller befanden sich 600 m3 Reinigungswasser. Familie van Beek durfte aufgrund einer Sondergenehmigung während der Sperrfrist ausbringen. Die verdünnte Gülle wurde eingearbeitet.
Zurück in den Alltag
22. November: Beginn der Milchablieferung von sechs eigenen und neun zugekauften Tieren. Seitdem stückweises Aufstocken durch Zukauf und eigene Nachzucht. Insgesamt wurden rund 80 Kopf aus fünf verschiedenen Herden zugekauft, 30 Färsen standen zur Kalbung an.
Der Schlachterlös brachte rund 75 000 €, die Tierseuchenkasse stellte 119 000 € bereit – die Differenz zwischen Schätzwert der Tiere und Schlachterlös. Hinzu kam die Versicherungsentschädigung für den Ausfall der Milchlieferung sowie für die Reinigungskosten des Stalles. „Für rund 200 000 € konnten wir neues Tiermaterial kaufen“, so der Milcherzeuger.
Folgekosten für neue Kuhbürsten, neue Einstreu, die hohen Futterverluste aufgrund des geringen Vorschubs und der Verlust der eigenen wertvollen Zuchtlinie sind nur einige der Auswirkungen des BHV1-Ausbruchs. „Die gute Zusammenarbeit mit LWK, RUW Veterinäramt, Versicherung und Tierseuchenkasse war viel wert in der schweren Zeit“, schildert van Beek. Was bleibt, ist die Angst vor einem neuen Ausbruch.
Was kann der Landwirt tun?
Das Hygienemanagement ist eines der wichtigsten Maßnahmen bei der Seuchenprävention. „Der Benefit eines Hygieneplans ist auf dem Konto nicht zu beziffern. Er zeigt sich im Ausbleiben der Seuche“, so Dr. Peter Heimberg vom Tiergesundheitsdienst der LWK. Heimberg rief die Rinderhalter dazu auf, sensibler in puncto Betriebshygiene zu werden. Untersuchungen zeigen, dass Tierseuchen am häufigsten weitergegeben werden durch Tier-, Personen- oder Fahrzeugkontakte.
Die Remontierungstiere im Beispielbetrieb van Beek kamen alle aus dem eigenen Bestand. Lediglich ein Zuchtbulle wurde regelmäßig über die RUW zugekauft. Nach dem BHV1-Ausbruch verschärften sie die Hygiene-Maßnahmen: Der Futtermischwagen kam ausschließlich im Kuhstall zum Einsatz. Den restlichen Bestand fütterten van Beeks mit dem Radlader. Zusätzlich teilten sie genau auf, welche Personen für welchen Bereich zuständig sind. So wurde einer weiteren Verschleppung vorgebeugt. Mittlerweile stehen auf dem Betrieb van Beek Wannen zur Stiefeldesinfektion sowie betriebseigene Schutzkleidung bereit. Eine Garantie, dass sich betriebsfremde Personen an die Regeln halten, gibt es nicht. „Der Landwirt allein kann nicht für die Biosicherheit sorgen, da müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen“, betonte Heimberg.
Er verwies auf den für NRW angepassten Hygieneleitfaden, der eine gute Orientierungshilfe gebe. Der Leitfaden steht auf der Homepage der LWK zum Download bereit.