Augenmerk auf Nottötungen

In Niedersachsen haben Veterinäre in die Tierkörperbeseitigungsanlagen geschaut. Bei den dort angelieferten Tieren haben sie festgestellt, dass einige zu spät getötet worden sind.

In Niedersachsen untersuchten Veterinäre an zwei Tagen die bei einer Tierkörperbeseitigungsanstalt angelieferten Tiere. Einer der Fachmänner hatte sich 75 Kadaver genauer angeschaut. Bei zehn Prozent entdeckte er, wie die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtet, „ernsthafte Hinweise“ auf Tierschutzverstöße.

Nach der Untersuchung stand für den Tierarzt fest: „Es herrscht dringender Bedarf, etwas zu tun.“ In einigen Fällen waren die Tiere verhungert und verdurstet, viele deutlich wundgelegen. 15-mal stellte der Fachmann zudem fest, dass die Tiere nicht sachgerecht getötet worden waren.

„Nottötung ist Tierschutz“

Auch andere Veterinäre in Niedersachsen sollen zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sein, wie die NOZ berichtet. Die Tageszetiung verweist außerdem auf Ergebnisse der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Demnach sind in einer österreichischen Tierkörperbeseitigungsanstalt mehr als 2000 Rinder- und Schweinekadaver untersucht worden. Bei 10 % der Rinder und 20 % der Schweine habe es Hinweise darauf gegeben, „dass die betroffenen Tiere vor dem Verenden ungerechtfertigt erhebliche Leiden und Schmerzen erdulden mussten“. Der Veterinärmediziner Johannes Baumgartner schließt aus seinen Befunden, dass Landwirte die Nottötung erkrankter Tiere in einigen Fällen zu lange herauszögerten. Unnötiges Leid sei die Folge. Der Wiener Wissenschaftler sagt: „Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Nottötung eine Tierschutzmaßnahme ist.“

Den Missständen könne nur mit Aufklärung begegnet werden. Die Landwirte bräuchten eine Art Kriterienkatalog, der deutlich macht, ab wann eine Nottötung erforderlich und wie sie durchzuführen ist.

Das Land fordert Kontrollen

In Deutschland kontrolliert bislang kein Amtstierarzt den Zustand der toten Tiere in Beseitigungsanstalten. Verstöße gegen den Tierschutz können so unentdeckt bleiben. Laut Tierschutzgesetz beschränkt sich die Überwachung grundsätzlich nur auf lebende Tiere. Sterben Schwein, Rind oder Geflügel im Stall, bleiben die Hintergründe in aller Regel ungeklärt.

Niedersachsen will diese Lücke schließen. Die Möglichkeiten der Länder sind jedoch eingeschränkt, denn Tierschutzrecht ist Sache des Bundes. Und der Bund, so moniert zumindest Niedersachsen, entwickle kein besonderes Engagement dabei, das Schlupfloch zu schließen.

Das Bundesministerium bestätigt, dass Tierkörperbeseitigungsanlagen nicht der Kontrolle von Tierschutzbehörden unterlägen, sondern den für Tierseuchen zuständigen Behörden. Sollten deren Mitarbeiter bei ihren Kontrollen Hinweise auf Tierschutzverstöße entdecken, könnten sie ihre Kollegen darüber informieren. Fachleute sagen, dass das wiederum aus Datenschutzgründen möglicherweise gar nicht erlaubt sei. Jedenfalls heißt es aus Berlin: Sollte diese Praxis nicht ausreichen, werde das Ministerium prüfen, die Tierschutzüberwachung auf die Beseitigungsanstalten auszuweiten.

Eine Sprecherin des Landvolkes Niedersachsen betont, für Tierhalter gehöre die besondere Verantwortung im Sinne des Tierschutzes zum Selbstverständnis. „Als Landvolk Niedersachsen verurteilen wir jegliche Unterlassung der Sorgfaltspflicht durch den Tierhalter.“ NOZ/CG