Auf die Kerne kommt es an

Eine einzige Vogelkirschen-Samenplantage im Paderborner Land versorgt Baumschulen über NRW hinaus mit wertvollem Saatgut. Sie wurde 2003 angelegt und erst drei Mal beerntet. In diesen Tagen ist es wieder so weit.

Die Vogelkirschen-Samenplantage in Neuenheerse, Kreis Paderborn, versorgt Baumschulen über NRW hinaus mit wertvollem Saatgut. Sie wurde 2003 angelegt und erst drei Mal beerntet. In diesen Tagen ist es wieder so weit. Gepflückt wird gegen harte Konkurrenz: die Vögel des Waldes.

Eine typische Baumart der buchendominierten Laubwälder Ostwestfalen-Lippes ist die Vogelkirsche. Die Beerntung der einzigen Samenplantage dieser wertvollen Baumart in der Region hat begonnen. Im Revier von Försterin Marina Jürgens von Wald und Holz NRW in Neuenheerse sammeln Forstwirte Kerne für mindestens 200 .000 Bäume.

Von Weitem unterscheidet sich die unscheinbare Obstwiese zwischen Bad Driburg-Neuenheerse und Dringenberg im Kreis Höxter nicht von einer normalen Obstwiese. Doch wer genau hinschaut, dem fallen die kleinen roten Früchte auf der 2,2 ha großen Plantage auf, die im normalen Obstbau sicher keine Freunde finden würden. Tatsächlich stehen hier keine Bäume für die Obstproduktion, sondern für die Saatgutbereitstellung.

Von Förstern geschätzt

Waldbesitzer und Förster schätzen die Vogelkirsche als Mischbaum­art auf nährstoffreicheren Standorten. Nicht selten erzielen die wertvollen Kirschenstämme auf Holzversteigerungen hohe Preise.

Die Samenplantage auf der landeseigenen Fläche im Regionalforst­amt Hochstift besteht aus 216 Bäumen und ist seit ihrer Anlage im Jahr 2003 bereits dreimal beerntet worden. Bei der vergangenen Ernte im Jahr 2011 konnte die Plantage zu etwa 3 % des bundesweiten Saatgutaufkommens der Wildkirsche beitragen. „Und es soll mehr werden“, wünscht sich Marina Jürgens. Denn die Bäume werden älter und der Anhang üppiger. In diesem Jahr erwartet sie etwa 250 kg Kirschen, die die Saatgutspezialisten im Arnsberger Lehr- und Versuchsforstamt anschließend weiterverarbeiten. Im Herbst ist ein Pflegeschnitt geplant, der die Fruchtbildung unterstützen soll.

Gepflückt wird von Hand

Aufgrund des noch jungen Alters der Plantage pflücken die Forstwirte per Hand vom Anhänger mit Eimer und Pflückstock. „Die Risiken der maschinellen Ernte für Stamm und Feinwurzeln sind noch zu groß“, erklärt Jürgens.

Das Pflücken der kleinen Kirschen erscheint aufwändig. Im Vergleich zu einer Beerntung von im Wald verstreuten Wildkirschen ist die Anlage von befahrbaren Plantagen aber wesentlich praktischer. Für das Pflanzmaterial wurden in der Region um Bad Driburg über drei Jahre Reiser der vitalsten und qualitativ hochwertigsten Bäume geschnitten und auf der Plantage dann auf wüchsige Unterlagen gepfropft.

„Hier steht das genetische Potenzial unserer besten Vogelkirschen“, sagt die Saatgutvermarkterin Jürgens. „Und aus dem auf der Fläche entstehenden Saatgut sollen wüchsige Bäume wachsen, die gutes Holz liefern.“

Qualität, die etwas kostet

Qualität und Aufwand haben ihren Preis. 1 kg Saatgut (für rund 5300 Pflanzen) kostet etwa 150 €. Allerdings steht der finanzielle Gewinn weniger im Vordergrund. Vielmehr geht es um die Bereitstellung von Pflanzmaterial im Sinne des Waldbesitzes und des Forstvermehrungsgutgesetzes.

Försterin Jürgens, die auf der Fläche auch Saatgut für verschiedene Straucharten produziert, ist zufrieden mit der Ernte. In diesem Jahr war das Ernte-Team auch schnell genug – anders als im vergangenen Jahr. Da waren die Vögel des Waldes schneller und hatten einen Großteil der Vogelkirschen zügig abgeerntet, bevor die zweibeinigen Pflücker die Bäume erklommen hatten. Jan Preller, Wald und Holz NRW