Sicher arbeiten am Silo

Arbeiten am Fahrsilo: Gerutscht, gestürzt, verschüttet

Egal, ob Milchviehbetrieb oder Biogasanlage: Arbeiten am Fahrsilo gehören zur täglichen Routine. Zwei Experten geben Einblick in die Gefahren und Unfallschwerpunkte der Arbeit.

Statistisch ereignet sich bundesweit jeden Tag ein schwerer Unfall im Zusammenhang mit Arbeiten am Fahrsilo. Wir sprachen mir Ludger Kock und Udo Bussmann von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) über Gefahrenquellen am Fahrsilo.

Wochenblatt: Jeden Tag arbeiten zahlreiche Betriebsleiter, ihre Angehörigen oder Mitarbeiter an Fahrsilos. Sie decken den Silostock ab und holen Futter. Das ist Routine. Passieren dabei viele Unfälle?

Kock: Deutschlandweit registrieren wir jährlich rund 300 bis 400 meldepflichtige Unfälle, die im Zusammenhang mit Fahrsiloanlagen geschehen. Tatsächlich dürften es jedoch erheblich mehr sein: Meldepflichtig sind nämlich nur die Unfälle, nach denen der Geschädigte mindestens drei Tage arbeitsunfähig ist. Leichtere Verletzungen oder Unfälle, die glimpflich ablaufen und „nur“ zu einem Maschinenschaden führen, registrieren wir nicht. Statistisch gesehen geschieht bundesweit also ein schwerer Unfall pro Tag. Die Spanne der Verletzungen ist dabei groß: Sie reicht vom verstauchten Fuß bis hin zum Tod des Verunfallten.

Können Sie Beispiele nennen? Welche Arbeiten sind am gefährlichsten?

Bussmann: Häufig passiert es, dass Personen auf dem Silo ausrutschen oder bei Arbeiten an der Kante des Futterstockes abstür­-zen. Das kann zu schwersten Verletzungen führen – und zwar nicht nur, wenn der Silostock 6 oder 7 m hoch ist. Auch Stürze aus relativ geringer Höhe können schwere Kopfverletzungen verursachen.

Verboten, weil äußerst gefährlich, ist das Unterhöhlen des Futterstockes. Dies geschieht, wenn das Silo viel zu hoch für die vorhandene Entnahmetechnik ist. Irgendwann stürzt der Futterstock in sich zusammen und verschüttet alles und jeden, der sich gerade darunter aufhält. Erst im vergangenen Oktober sind aus diesem Grund zwei Männer verschüttet worden. Diese beiden hatten Glück im Unglück: Sie wurden nur leicht verletzt. Auf diese Weise sind aber auch schon Personen zu Tode gekommen. Jeder Betriebsleiter sollte also auf jeden Fall geeignete Entnahmetechnik anschaffen. Verwenden Sie zum Beispiel einen Teleskop­lader und halten Sie immer genügend Abstand zur Abbruchkante!

Liegen die Unfallschwerpunkte also in der täglichen Arbeit? Sind die Erntearbeiten, wenn viele Personen über viele Stunden zusammenarbeiten, nicht viel gefährlicher?

Kock: Das lässt sich so nicht sagen. Natürlich sind die Erntearbeiten und das Festfahren des Futterstockes gefährlich. Immer wieder passiert es, dass ein Schlepper oder Radlader seitlich vom Silo stürzt. Mehr Unfälle in der Ernte passieren aber beim Zudecken des Erntegutes. Wenn alle nach einem langen Tag müde sind, das Silo dann vielleicht auch noch zu hoch befüllt und nicht ausreichend beleuchtet ist.

Bussmann: Bei den täglichen Arbeiten passieren Unfälle häufig aus der Routine heraus oder weil es einfach schnell gehen soll. Gestern und vorgestern war keine Zeit, die Silofolie zurückzuziehen und jetzt muss man direkt an der Anschnittkante arbeiten ...

Worauf sollten Betriebsleiter besonders achten?

Kock: Seit 2013 sind Betriebsleiter, die eine Fremdarbeitskraft haben, dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und dies auch zu dokumentieren. Dabei müssen sie zum Beispiel beurteilen, ob die Absturzkante ausreichend gesichert ist oder ob zum Beispiel Hilfsmittel beim Zurückziehen der Plane eingesetzt werden müssen. Viel wichtiger als jede bürokratische Forderung ist es aber, den gesunden Menschenverstand einzuschalten: Denken Sie nach, bevor Sie handeln oder andere losschicken. Das kann Leben retten!

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Auf diese Punkte sollten Sie beim Umgang mit Land- und Erntemaschinen besonders achten.