Umwelt und Digitales

App, um Landwirte zu denunzieren?

Eine neue App soll helfen, Umweltverstöße schnell und problemlos zu melden. Dies scheint allerdings eher zur öffentlichen (Vor-)Verurteilung von Landwirten zu führen.

"Grüne Umwelt“ heißt die neu entwickelte App, mit der jeder Nutzer anonym Umweltangelegenheiten melden und verfolgen kann. Wie es in der Beschreibung heißt, sei es Ziel der App, einen Überblick über die Größe der negativen Einflüsse auf die Natur in den Gemeinden, Landkreisen und im Land zu erhalten. Darunter werden neben der illegalen Müllentsorgung auch „Vorkommnisse der extensiven (!) und industrialisierten Landwirtschaft“ gefasst – zum Beispiel das Ausbringen von Gülle innerhalb der Sperrfrist.

Wer einen Vorfall melden möchte, kann über die App eine Meldung erstellen und diese inklusive Foto und Standort hochladen. Ein Administrator prüft und anonymisiert die Meldung vor Veröffentlichung. Sobald eine Freigabe erfolgt ist, wird sie in der App-Übersicht angezeigt und kann über die sozialen Medien geteilt und kommentiert werden.

Entwickelt wurde die App von Hans-Jürgen Schnellrieder aus Fintel im Kreis Rotenburg-Wümme. Er ist Vertreter der Grünen im Gemeinderat der Samtgemeinde Fintel.

Digitale Hexenjagd

Landwirte und Verbände reagieren fassungslos: Von einer „Denunzianten-App“ spricht der Bauernverband Schleswig-Holstein. Ein Kommentator auf der Homepage des Agrarbloggers Wilhelm Schillings alias „Bauer Willi“ kritisiert „Hexenjagd und Stasi im digitalen Zeitalter“.

Und in der Tat: Auch, wenn es in der App nicht allein um Vorfälle aus dem Bereich der Landwirtschaft geht, besteht die Gefahr, dass gerade Landwirte durch diese an den öffentlichen Pranger gestellt werden. Denn die Meldungen an sich werden zwar anonymisiert, über den verlinkten Ort können aber leicht Rückschlüsse auf angebliche Umweltsünder gezogen werden.

Vorgehen wirft Fragen auf

Wenn Meldungen einmal veröffentlich sind, können sie auf sämtlichen Social-Media-Kanälen geteilt werden und sind kaum aufzuhalten. Umso wichtiger ist die Frage, wer über die Freigabe einer Meldung entscheidet. Genau hier liegt das Kernproblem der App: Meldungen gehen an den Betreiber der App, nicht an öffentliche Behörden. Es liegt somit im Ermessen und an der Sachkenntnis des Administrators, Vorfälle öffentlich zu machen – ein überaus problematisches Vorgehen. Dies spiegelt sich auch in der App-Bewertung wider: Von den bislang insgesamt 316 Usern bewertet 304 die „Grüne Umwelt“ mit einem von fünf möglichen Sternen.

Im Kern aber steht letztlich die Frage, warum der Weg der Informationen über die sozialen Netzwerke führen muss. Echte Umweltverstöße müssen geahndet werden. Doch das ist aus guten Gründen einzig die Sache öffentlicher Behörden und der Justiz – nicht von selbsternannten digitalen Bürgerwehren.