Alpakas bald mit Unterstand?

Hat der Warendorfer Landrat Dr. Olaf Gericke sein Bauordnungsamt nicht im Griff? Einzelrichterin Gundula Hemmelgarn war bei der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember sichtlich genervt.

Sie fragte wiederholt bei den Kreisbeamten nach, ob sie dem Kläger nicht doch eine Baugenehmigung erteilen könnten. Die Mitarbeiter sagten: Nein. Daraufhin ließ die Richterin durchblicken, dass sie dem Kläger recht geben wird.

Zucht plus Spinnerei

Michael Peitz hat 1993 einen kleinen Hof (6,2 ha) von seinen Eltern in Ennigerloh übernommen. 5 ha Acker hat er verpachtet. Auf seinem Grünland (1,2 ha) beim Hof hält er zehn Alpakas. Die aus den Anden (Südamerika) stammenden Tiere liefern hochwertige Wolle. Mit seiner Lebensgefährtin möchte der Arbeitnehmer die Zucht auf bis zu 15 Tiere erweitern.

Zudem will Peitz die Rohwolle der Alpakas (etwa 3 bis 3,5 kg pro Tier und Jahr) aufarbeiten. In einem Wirtschaftsgebäude auf dem Hof möchte er eine Spinnerei einrichten, hier will er die eigene und zugekaufte Wolle im Lohn verarbeiten. Für die Gebäudeumnutzung hat ihm der Kreis Warendorf eine Baugenehmigung erteilt.

Bereits im November 2011 hatte Peitz die Baugenehmigung für einen Offenstall mit Lagerraum, insgesamt 60 m2, beim Kreis für seine Alpakas beantragt. Den Stall will er auf der Weide ohne feste Bodenplatte errichten. In den Altgebäuden sei kein Platz, zudem sei der Betonboden zu hart für die Tiere. „Sie brauchen bei Wind und Wetter ein Dach über dem Kopf“, sagt Peitz. Er kalkuliert mit Kosten von etwa 10 000 € für den Stall in Holzbauweise.

Im April 2012 gab die Kreisstelle Warendorf der Landwirtschaftskammer NRW eine positive Stellungnahme zu dem geplanten Bauvorhaben im Außenbereich ab. Die Wirtschaftlichkeit sei gegeben, das Vorhaben sei auf Dauer und mit Gewinnerzielungsabsicht angelegt, urteilte die Kreisstelle.

Zu wenig Gewinn?

Doch der Kreis lehnte den Bauantrag ab. Der Kläger könne kein nachhaltiges Betriebskonzept nachweisen. Auch bei einem kalkulierten Gewinn von 4800 €/Jahr könne man nicht von Ernsthaftigkeit sprechen. Eine landwirtschaftliche Privilegierung nach § 35 Baugesetzbuch liege auch deshalb nicht vor, so das Bauamt, weil die Fläche von 1,2 ha zu gering sei und der Kläger seine verpachteten Flächen nicht zurück in Eigenbewirtschaftung nehmen wolle.

Schon vor der Gerichtsverhandlung hatten Peitz und sein Anwalt, Dr. Frank Schulze, mit dem Kreisbauamt lange verhandelt. Dabei ging es um die vom Kläger vorgelegten Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit der Alpaka-Zucht. Peitz geht davon aus, dass er in Zukunft, wenn alles rund läuft, einen Jahresgewinn in fünfstelliger Höhe mit den Tieren erzielen kann.

Die Richterin wies auf Folgendes hin: Bislang ergangene Urteile zur Privilegierung von Stallgebäuden im Außenbereich für Nebenerwerbslandwirte seien Einzelfall­entscheidungen gewesen. Bei der Abgrenzung Landwirtschaft oder Liebhaberei sei die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Indiz. Es komme auf die Gesamtumstände an.

Im vorliegenden Fall könne man kaum von Liebhaberei sprechen, wenn der Kläger neben seiner Alpaka-Zucht eine gewerbliche Spinnerei aufbauen und viel Geld (200 000 €) investieren wolle.
Im Übrigen müsse man bei derartigen Fällen die Verhältnismäßigkeit beachten, meinte Dr. Schulze. „Herr Peitz will nur einen kleinen Offenstall errichten. Er ist aus Tierschutzgründen notwendig, er will ihn auch als Heu- und Strohlager nutzen.“ Richterin Hemmelgarn erinnerte die Kreisvertreter auch daran, dass Weideunterstände für landwirtschaftliche Betriebe zu den genehmigungsfreien Vorhaben im Außenbereich zählen.

Bürokratie, hohe Kosten

Peitz beklagte sich bitter über die Bürokratie und die hohen Kosten des Rechtsstreits. Die könnten für ihn sogar noch höher werden, wenn der Kreis Berufung einlegt. Peitz: „Die Alpakas sind eine Bereicherung für unsere Gemeinde und die Region. Wir empfangen Schulklassen und andere Besucher. Der Bürgermeister und die Kammer unterstützen unsere Pläne. Wir sind enttäuscht, dass uns der Kreis diese Steine in den Weg legt.“ (Az. 2 K 1770/13) Armin Asbrand