Agravis zeigt Digitalisierung in der Praxis

„Agravis Future Farm“: Erfolgreich digital ackern

Smarter Ackerbau ist keine Vision mehr. Schon heute setzen digital angesteuerte Geräte Betriebsmittel effektiv ein. Das Projekt „Agravis Future Farm“ erleichtert Landwirten den Einstieg und das zeigt das Potenzial.

Spurführungssysteme mit einer Genauigkeit von ±2 cm in Ackerschleppern und Teilbreitenschaltungen in Pflanzenschutzspritzen, die von Satellitensignalen gesteuert werden, sind in vielen Ackerbaubetrieben gelebter Alltag. Doch wieweit die Digitalisierung des Pflanzenbaus aktuell gehen kann, zeigt die Agravis auf einem real existierenden Betrieb in Suderburg, Landkreis Uelzen.

Manchmal viel Frust

Bisher besteht die Digitalisierung der Landwirtschaft vornehmlich aus gut funktionierenden Insel­lösungen. Schwierig wird es aber manchmal, wenn Maschinen verschiedener Hersteller miteinander kommunizieren müssen. Die Software von Sämaschine, Maisleger oder Düngerstreuer wollen dann partout nicht auf die Signale vom Traktor reagieren.

Aktuell verstärken die Hersteller ihre Bemühungen, den Datenaustausch zwischen den Geräten entscheidend zu verbessern. Besonders kritisch erscheint aber noch die Verknüpfung zu Ackerschlagkarteien oder anderen Managementprogrammen.

Ziel: Teilflächenspezifisch

Das Potenzial des sogenannten Smart Farming geht aber entschieden weiter. Dr. Lutz Beplate-Haarstrich optimiert auf seinem intensiv geführten Ackerbaubetrieb in Suderburg seit einigen Jahren mit digital gesteuerten Maschinen den Betriebsmitteleinsatz. Dazu setzt er neben Ertragskarten tagesaktuelle Satellitendaten ein, die die aufstehende Biomasse eines Schlages anzeigen. Daraus ergeben sich Teilflächen, die besonders ertragreich oder eher ertragsschwach sind.

Wie die neuen Möglichkeiten Einfluss auf die tägliche Arbeit nehmen, lässt sich an einer 8 ha großen Roggenfläche beispielhaft erklären. Der Schlag ist wegen schwankender Bodenqualitäten auffällig.

Nach Aussage von Beplate-Haarstrich spiegelt sich das auch in den Ertragskarten aus den Vorjahren wider. Um eine gleichmäßige Kornqualität zu erzielen, hat die digital mit dem Schlepper vernetzte betriebseigene Sämaschine die Aussaatmenge abhängig von der Bodengüte variiert. Der Ackerbauer hat aber festgestellt, dass Roggen die unterschiedliche Saatstärke zum Teil durch stärkere Bestockung an den dünner bestellten Teilstücken kompensiert.

Während der Vegetation hat der Ackerbauspezialist in Zusammenarbeit mit den Beratern die Ausbringmengen für Pflanzenschutzmittel und Dünger ebenfalls an die unterschiedliche Entwicklung der Biomasse angepasst.

Bei der Ernte konnte Beplate-Haarstrich sich besonders über die sehr gleichmäßige, gute Kornqualität freuen. Die Qualität von 55 ha Braugerste war ebenfalls sehr stabil, der Eiweißgehalt schwankte nur um 0,3 %.

Grenzen ausloten

Auf dem Beplatenhof laufen verschiedene Versuche, die klären sollen, inwieweit sich die technischen Möglichkeiten pflanzenbaulich sinnvoll ausreizen lassen. Die Kulturen Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln stehen nicht nur in unterschiedlichen Bestandesdichten auf dem Acker, bei Rüben und Mais sind zudem Schardruck, Fahrgeschwindigkeit und Ablagetiefe stark verändert worden, um zu sehen, wie die Bestände darauf reagieren und welche Probleme sich unter Umständen daraus ergeben. An dem Rübenleger hat ein Sensor permanent den Humusgehalt des Bodens untersucht. Die Software des Rübenlegers hat dann in Echtzeit in Senken mit höherem Humusgehalt die Ablageweite verringert, auf Sandköpfen erhöht.

Die Anzahl der Rüben/ha lässt sich zwar sehr leicht digital reduzieren, aber die Gefahr spät durchwachsender Melde, wie links und rechts im Versuch sichtbar, wird groß. Nur mit pflanzenbaulichem Sachverstand führt Smart Farming zum Erfolg. (Bildquelle: Borgmann)

Selbst wenn noch keine Erträge vorliegen, sind einige Beobachtungen bemerkenswert: Wenn man die Ablageweite in Rüben nach unten überreizt, wächst zwar ein sehr großer Rübenkörper, aber das Blatt ist nicht in der Lage, den Boden ausreichend zu beschatten, sodass Melde spät durchwächst.

Da die Erntegeräte die Erträge ständig erheben, lassen sich mit RTK genaue Ertragskarten erstellen. Zusammen mit den Beobachtungen aus der Vegetation ergeben sich Empfehlungen für das kommende Anbaujahr.

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