Wildtierseuchen-Vorsorge-Gesellschaft

Afrikanische Schweinepest: Vorsorge für den Seuchenfall

Sollte es zu einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in NRW kommen, ist die Wildtierseuchen-Vorsorge-Gesellschaft gerüstet, um Seuchenherde einzudämmen. Es gibt ausgefeilte Einsatzpläne und jede Menge Ausrüstung.

Aktuell hält das Corona-Virus die Welt in Atem. Durch die pausenlose Berichterstattung gerät eine andere Seuche aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit – die Afrikanische Schweinepest (ASP). Doch die Gefahr ist keineswegs gebannt. Auch in den vergangenen Wochen gab es neue Fälle, etwa in Westpolen. Wenn heute irgendwo in NRW ein mit der ASP infiziertes Stück Schwarzwild gefunden würde, griffen in Abstimmung mit den Kreisveterinärämtern umfangreiche Einsatzpläne zur Seuchenbekämpfung. Dann schlüge die Stunde der Wild­tierseuchen-Vorsorge-Gesellschaft (WSVG) mit Sitz in Hamm.

Die Notfallgesellschaft wurde allein zur Bekämpfung der ASP in Schwarzwildbeständen gegründet. Träger sind die Bauernverbände im Rheinland (RLV) und in Westfalen-Lippe (WLV), der Landesjagdverband NRW sowie die rheinische und die westfälische landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft (RWZ und Agravis).

150 km Elektrozaun im Lager

Für den Ernstfall stehen in einer Halle in einem Gewerbegebiet in Hamm 100 km Elektrozaun samt Schlagpfählen, Toren, Containern, Stromaggregaten, Quads, Desinfektionsmitteln, Schutzkleidung und weiterer Ausrüstung parat. In einem Lager in Zülpich lagern weitere 50 km Elektrozaun. Zudem stehen qualifizierte Mitarbeiter auf Abruf zur Verfügung, sodass Teams sogar an bis zu zwei Ausbruchsherden gleichzeitig aktiv werden könnten. Die Männer gehen aktuell ihren normalen Berufen nach und würden im akuten Fall angefordert. Nur eine kleine Stamm-Mannschaft um die Geschäftsführer Christian Stoll und Marcus Elmerhaus wartet die Ausrüstung kontinuierlich und probt den Einsatz.

Absolute Ruhe im Kerngebiet der Seuche

Die WSVG arbeitet nach dem tschechischen Modell, weil es dort gelungen ist, die ASP nach einem Ausbruch schnell einzudämmen und auszumerzen. Das hat vor allem deshalb funktioniert, weil der Ausbruch früh erkannt und dann schnell und konsequent gehandelt wurde. Dabei war in Tschechien der Bau eines Strom führenden Zauns in Verbindung mit absoluter Ruhe im Kerngebiet um den Seuchenfall die effektivste Maßnahme. Innerhalb des Zauns wurde nicht gejagt, Spaziergänger hatten keinen Zutritt, die Land- und Forstwirtschaft ruhte. Den Bauern wurde die Ernte ersetzt, die nicht eingefahren wurde. Das alles aus dem einen Grund: Die Wildschweine im Gebiet zu halten, damit sie das Virus nicht weiterverbreiten. Die WSVG ist darauf vorbereitet, Sauen im Kerngebiet sogar zu füttern und im Sommer mit Wasser zu versorgen, damit sie keinen Anlass haben, das Gebiet zu verlassen.

Verendetes Wildschwein im Revier - das ist zu tun

Wird ein verendetes Wildschwein im Revier gefunden, gilt als wichtigster Punkt: Ruhe bewahren! Über die Notrufnummer 112 wird der zuständige Kreisveterinär informiert. Der leitet alle weiteren Schritte ein. Das Stück Schwarzwild wird dann von sachkundigen Personen geborgen und untersucht. Sollte sich der Verdacht auf ASP erhärten, kommt ein Krisenstab auf Ebene des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt zusammen. Er legt das gefährdete Gebiet fest.

Der Krisenstab leitet dann unter anderem eine diskrete Kadaver­suche ein. WSVG-Mitarbeiter suchen dabei gemeinsam mit ortskundigen Jägern um den Fundort herum gezielt Suhlen, Wasserläufe und bekannte Einstände ab. Denn erkrankte Wildschweine bekommen Fieber und ziehen daher oft zum Wasser, um sich Linderung zu verschaffen.

Durch die Suche bekommt der Amtsveterinär einen Überblick über die Situation. Dabei wird versucht zu klären: Gibt es weitere Kadaver und, falls ja, wurden sie am Rand oder im Zentrum des Ausbruchs gefunden? Und seit wann kursiert das Virus im Schwarzwildbestand? Auf dieser Grundlage wird später die Einzäunung des Gebietes vorbereitet. Werden weitere Kadaver entdeckt, transportieren WSVG-­Mitarbeiter diese in speziellen Edelstahlwannen und Kunststofftonnen ab. Die Fundstellen werden etwa mit Kalk desinfiziert. Geschäftsführer Stoll erklärt: "Wir sind auf die Hilfe ortskundiger Jäger angewiesen, zwingen aber niemanden zur Mitarbeit."

Hilfreiche Vorarbeit

Jeder Revierinhaber kann schon jetzt eine Revierkarte mit Einständen, Suhlen und Hauptwechseln der Sauen sowie mit den Wasserläufen anlegen, um diese dann dem Kreisveterinär auszuhändigen, falls der Notfall eintritt. Wichtig ist, dass die Nachrichten nicht über soziale Medien wie Whats App verbreitet und "Katastrophen-Touristen" angelockt werden, die die Arbeit der Fachleute erschweren oder infizierte Wildschweine möglicherweise aufscheuchen – und damit das Virus verbreiten würden.

Mittels geländegängigem Quad lassen sich Tierkadaver auch an schwer zugänglichen Orten bergen und abtransportieren. (Bildquelle: Höltmann)

Anschließend legt der Amtsveterinär die einzuzäunende Kernzone fest. Die WSVG baut dann den Zaun und kontrolliert ihn täglich, indem Mitarbeiter diesen ablaufen. Die Zäune haben sogenannte SMS-Melder. Diese informieren, wenn etwa ein Ast auf die Litzen fällt oder sich jemand am Zaun zu schaffen macht. Nicht ohne Grund: Andernorts haben schon Diebe die wertvolle Technik erbeutet. Über den SMS-Alarm wären in unmittelbarer Umgebung des Zauns stationierte Kontrolleure schnell vor Ort.

Die Techniker können den jeweiligen Abschnitt per SMS abschalten, reparieren und per SMS wieder Strom auf die Litzen geben. Ein Diesel-Aggregat versorgt dabei rund 3 km Elektrozaun. Am Ende jedes Abschnitts wird eine 2 m breite, hölzerne Planke zwischen die Elemente gestellt, um Überspannung und Stromschlag zu verhindern. Die Aggregate selbst werden in massiven Metallkisten gegen Diebstahl gesichert.

Nicht jede Straße gesperrt

Große Straßen lassen sich nicht sperren. Wirtschaftswege würden allerdings im Zweifel "dicht gemacht". Dabei gilt es, für Akzeptanz in der Bevölkerung zu werben. Wo kein Stromzaun aufgestellt werden kann, arbeitet die WSVG mit überfahrbaren Gittern (bis 20 t Nutzlast), die Schalenwild nicht überwindet. Innerhalb der Kernzone wird nicht gejagt. Die Sauen sollen dort bleiben und das Virus nicht verbreiten. Der Revierpächter wird von der Wildschadenersatzpflicht entbunden. Sobald der Zaun steht, sollen alle Sauen außerhalb davon getötet werden. Den Radius legt der Kreisveterinär fest. Dabei geht es nicht mehr um Jagd, sondern um reine Seuchenbekämpfung. Für diese Aufgabe steht eine Einsatzgruppe des Landesamtes zur Verfügung, die sich aus Landesforstbediensteten mit Jagdschein rekrutiert.

Alle in der Kernzone gefundenen Wildschweine werden beprobt und anschließend in der Tierkörperbeseitigungsanlage verbrannt.Es bleibt zu hoffen, dass NRW von der ASP verschont bleibt. Doch es ist wohl eher die Frage, wann die Seuche zu uns kommt und nicht, ob überhaupt. Für diesen Fall ist NRW mit der WSVG und der tatkräftigen Unterstützung der Jäger vor Ort gut vorbereitet.

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