Kommentar

Sauenhaltung: Kastenstand auf der Kippe

Die Grünen haben sich die Förderung kleiner Betriebe und regionaler Lieferketten auf die Fahnen geschrieben. Wie passt das zu ihrer Aufschiebetaktik, die die Sauenhaltung gefährdet und ins Ausland "exportiert"?

Von Tierschutzverbänden und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können Landwirte viel lernen. Weniger über den Umgang mit Tieren (da hat der Naturschutzbund Deutschland gerade ein verheerendes Beispiel mit sieben verendeten Konik-Pferden in Dithmarschen gegeben). Umso mehr über erfolgreiche Kampagnen. Das beherrschen die NGOs perfekt.

Auf allen Kanälen haben sie gegen den Kastenstand getrommelt und getwittert. Sie haben sich auf deutscher und europäischer Ebene vernetzt, mit geschickt formulierten Infos rund eine halbe Million Unterstützer für eine Petition mobilisiert. „Spiegel“, „FAZ“, „Süddeutsche“, „Tagesschau“ etc. griffen das Thema auf. Ganz nebenbei haben sie auch noch das Spendenaufkommen angekurbelt. Kurz und gut: eine perfekte Kampagne.

Geschickt flankiert durch eine Online-Unterschriften-Aktion von Foodwatch, die den Grünen einheizen sollte. 600 .000 Unterstützer ­bombardierten Parteispitze, Minister und Landesvorsitzende mit E-Mails, sodass die Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock eilends öffentlich in einem Brief klarstellten: „Wir lassen die Sau raus.“

Nach dieser Vorlage lehnten Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung schon im Vorfeld den Kompromissvorschlag von NRW und Schleswig-Holstein im Bundesrat ab – und düpierten damit Jan Philipp Albrecht, der als grüner Landwirtschaftsminister aus Schleswig-Holstein maßgeblich dazu beigetragen hatte.

Diese Verschleppungstaktik wird zum existenziellen Problem der deutschen Sauenhalter. Seit über drei Jahren hängen sie in der Luft. Mit jeder neuen Bundesratssitzung mussten die landwirtschaftlichen Verbände Boden preisgeben. Selbst der jetzt geplatzte Kompromiss ist für Sauenhalter eine mittlere Katastrophe. Innerhalb von nur drei Jahren müsste ein Bauantrag fürs Deckzentrum gestellt werden. Alternativ bleibt nur die Betriebsaufgabe. Zudem 7 m² Bodenfläche für die Abferkelbucht – das nimmt vielen Betrieben den Mut.

Die Alternative ist nicht besser. Fasst der Bundesrat keinen Beschluss, greift über kurz oder lang das Magdeburger Urteil – ohne jegliche Umsetzungsfrist. Das verbliebene Häufchen von gerade mal 7000 Sauenhaltern wird im Rekordtempo schrumpfen. Vor allem die viel beschworenen Familienbetriebe werden sich verabschieden mit der Folge rasant steigender Ferkelimporte.

Das kann nicht Ziel der Grünen sein, die sich die Förderung kleiner Betriebe und regionaler Lieferketten auf die Fahnen geschrieben haben. Jetzt können sie zeigen, wie ernst es ihnen damit ist. Die Grünen müssen sich endlich ihrer politischen Verantwortung stellen, statt die Sauenhaltung ins Ausland zu exportieren.