Mut zum Sachverstand

Jetzt ist es also Gewissheit: Christina Schulze Föcking ist neue Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen.

Die 40-jährige Landwirtin aus Steinfurt wird gemeinsam mit ihrem neuen Staatssekretär Heinrich Bottermann, bisheriger Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, künftig die Richtung der Düsseldorfer Agrarpolitik vorgeben.

Das ist ein gutes Signal für die Menschen im ländlichen Raum. Ministerpräsident Armin Laschet findet mit der Nominierung nicht nur den Mut für eine Praktikerin im Ministeramt, inklusive einsehbarem Prämienbescheid und dem Risiko von illegalen Filmaufnahmen aus ihren Ställen. Er pfeift auch zugunsten des Sachverstandes auf den Regionalproporz. Ein Beispiel, das auch in Berlin Schule machen sollte, wo Agrarminister Christian Schmidt (Kernqualifikation: Franke) bislang keine gute Bewerbung für eine zweite Amtszeit hinterlassen hat.

Umso größer ist die Freude bei vielen Landwirten in Nordrhein-Westfalen über den Erfolg „ihrer Christina“. Die Erwartungen an die Neue im Ministerium sind groß, um nicht zu sagen gewaltig. Denn es steht außer Frage, dass mit der Praktikerin der nötige Stallgeruch und eine wertschätzende Diskussionskultur in das Agrarressort einziehen dürften.

Gleichzeitig werden sich sieben Jahre grüner Agrarpolitik nicht innerhalb weniger Monate einfach zurückdrehen lassen. Die Baustellen in Sachen Düngeverordnung, Tierwohl und Artenvielfalt sind geblieben. Und als Ministerin muss sich die Steinfurterin nicht nur mit den Wünschen der Bauern, sondern den Erwartungen aller gesellschaftlichen Gruppen auseinandersetzen.

Das ist für die Steinfurterin eine neue Rolle. Sie hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur als Vorsitzende des CDU-Bundesfachausschusses Landwirtschaft und als engagierte Landespolitikerin Meriten erworben. Sie zeichnete vor allem aus, dass sie ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen hatte und ihre Anliegen ernst nahm. Jetzt wird sie auch unliebsame Entscheidungen treffen, Interessen ausgleichen und ein Ministerium mit Hunderten von Mitarbeitern auf Linie bringen müssen. Statt sich an der Politik von Amtsvorgänger Remmel abzuarbeiten, müssen nun eigene Konzepte auf den Tisch.

Wer sie kennt, traut ihr diese Aufgabe zu. Wenn sie ihre Chance zu nutzen weiß und die Landwirte die nötige Geduld mitbringen, können aus Erwartungen auch Ergebnisse werden.