Hoffentlich kein Eigentor

Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hat mit seiner lautstarken Milliarden-Forderung ein umfangreiches und sehr gemischtes Echo ausgelöst. Auch wenn allenthalben Verständnis für die Bauern bekundet wird, kann solch ein Schnellschuss rasch zum Eigentor werden.

Das steht außer Frage: Viele Betriebe in Deutschland sind von der Trockenheit so gebeutelt, dass sie dringend Hilfe brauchen. Aber ist es deshalb richtig, lautstark nach 1 Mrd. € zu rufen, um damit den Untergang der deutschen Landwirtschaft abzuwenden? Wohl eher nicht. So ein Schnellschuss kann rasch zum Eigentor werden.

Joachim Rukwied hat zwar Mut bewiesen, als er seine Milliarden-Forderung forsch formulierte. Aber die sachliche und detaillierte Begründung, warum gerade diese Summe nötig oder ausreichend sein sollte, ist der DBV-Präsident doch schuldig geblieben. Das war ein Fehler.

Das Echo auf seinen Vorstoß war mitten im Sommerloch umfangreich und sehr gemischt. Allenthalben wurde zwar Verständnis für die Bauern bekundet, aber viele Kommentatoren gehen gleichzeitig mit der Landwirtschaft hart ins Gericht. Oft schießen sie dabei über das Ziel hinaus oder verdrehen gar die Tatsachen. Grünen-Politker schimpfen über „pauschales Handaufhalten“, andere zeigen auf die „Milliardensubventionen aus Brüssel“, die die in ihren Augen stets rückwärtsgewandten und gierigen Bauern sowieso schon bekommen. Landwirte seien doch Unternehmer und sollten selbst Risikovorsoge betreiben, indem sie Versicherungen gegen Dürre abschließen. Und manche schieben sogar der Agrarbranche selbst die Schuld an Sonnenschein, Trockenheit und Klimawandel in die Schuhe. „Massentierhaltung und Monokulturen“ seien die wahren Verursacher des Elends.

Ob das auch für die schwedischen oder polnischen Landwirte gilt, die genauso unter einer miserablen Ernte leiden? Übrigens: Nach einer Auswertung des nicht gerade agrarfreundlichen Umweltbundesamtes trägt die Landwirtschaft in Deutschland mit einem Anteil von rund 7 % (!)zu den Treibhausgasemissionen bei.

Tatsache ist leider auch, dass die Bauernkritik, und sei sie im Detail noch so wenig gerechtfertigt, bei vielen Menschen verfängt. So wird die Rukwied-Forderung ad absurdum geführt und bewirkt womöglich das Gegenteil des Gewollten.

Julia Klöckner agierte in diesem Umfeld schlau und gewieft: Erst einmal schauen, was passiert ist, dann zielgerichtet handeln. Sie hat recht. Nicht alle Regionen, nicht alle Betriebe sind in demselben Maße betroffen. Nothilfe darf nur dort geleistet werden, wo es unerlässlich ist, nicht breitflächig verteilt. Wahrscheinlich sind nicht einmal vorrangig die Marktfruchtbetriebe mit schlechten Ernten die am schlimmsten getroffenen, sondern die Tierhalter, die das fehlende Futter zukaufen oder Stallplätze leer lassen müssen.

Richtig ist gleichwohl die Forderung nach Rahmenbedingungen, die Hilfe zur Selbsthilfe möglich machen: die immer wieder verweigerte steuerfreie Risikoausgleichsrücklage, bezahlbare Mehrgefahrenversicherungen und gleiche Bedingungen im europäischen Wettbewerb. Damit wäre vielen Betrieben geholfen, weil sie sich dann für die nächste Krise wappnen können. Dafür lohnt es sich zu arbeiten, auch ohne plakative Zahlenspiele.