Handelsgipfel: Jetzt auch handeln!

Das Treffen von Bundeskanzlerin Merkel mit Vertretern des Lebensmittelhandels und der Lebensmittelindustrie war mehr ein Absichts- statt ein Handelsgipfel, meint Wochenblatt-Redakteurin Dr. Marit Schröder.

Dass es zu staatlich verordneten Mindestpreise kommt, hatte wohl nicht einmal die Bild-Zeitung wirklich gedacht, als sie noch am Montagmorgen unmittelbar vor dem Handelsgipfel die Furcht vor solch einem Szenario schürte. Doch was bleibt vom Gespräch der Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Vertretern des Lebensmittelhandels und der Lebensmittelindustrie?

Missbrauch der Einkaufsmacht sanktionieren

Es ist gut und richtig, die EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelkette zügig in nationales Recht umzusetzen. Ein großer Verhandlungserfolg ist das allerdings nicht. Ministerin Klöckner wäre ohnehin bis Ende Mai 2021 zur Umsetzung verpflichtet gewesen. Ein Erfolg wäre hingegen, auf Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen und diese in nationales Recht zu gießen ­­– zum Beispiel den Missbrauch der Einkaufsmacht mit Geldstrafen zu ahnden.

Alle an einen Tisch

Auch gegen die vielzitierte Forderung der Kanzlerin, alle Beteiligten sollen sich fair und auf Augenhöhe begegnen, ist im Grunde nichts zu sagen. Aber saßen gestern wirklich alle Beteiligten am Tisch? Der Gipfel zielte vor allem auf Obst- und Gemüsebauern und ihre Geschäftspartner im Lebensmitteleinzelhandel ab. Fleischproduzenten und fleischverarbeitende Industrie waren nicht eingeladen. Gerade dort besteht aber großer Handlungsbedarf – Klöckner selbst verweist bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf einen Kilopreis für Hähnchenschenkel von 2,72 €. Und auch von Großküchen sowie der Gastronomie saß niemand mit am Tisch, obwohl der Außer-Haus-Verzehr stetig an Bedeutung gewinnt.

Diskurs angestoßen

Bei aller Kritik lässt sich aber dennoch festhalten: Es wird endlich über den Wert und die Preise für Lebensmittel diskutiert, vor allem über Folgen der Billigpreise. Das ist gut. Denn vielen Verbrauchern ist nicht bewusst, was für unsichtbare Kosten hinter dem Preisschild stecken. Hähnchenschenkel für ein paar Euro pro Kilo mögen zwar zur kurzfristigen Freude der Kunden beitragen. Was ein solcher Preis aber langfristig für Erzeuger und Tier bedeutet, ist im Supermarktregal nicht ersichtlich. Es gilt daher, den Diskussionen um Tierwohllabel und Haltungsbedingungen Platz im angekündigten Diskurs einzuräumen – damit es nicht bei Absichtsbekundungen bleibt, sondern der Handelsgipfel auch wirklich zum Handeln führt.

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