EU-Haushalt: Keine Einigung in Sicht

Nach dem Brexit fehlt im EU-Haushalt der zweitgrößte Nettozahler. Wie die Lücke geschlossen werden soll, ist nach wie vor offen. Das Haushaltsdrama hat massive Auswirkungen auch auf die Landwirtschaft.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Streit um Kleinigkeiten: Sollen die Beiträge der EU-Mitgliedstaaten nun 1,00 oder 1,07 oder vielleicht doch 1,13 % des jeweiligen Bruttonationaleinkommens (BNE) ausmachen? Muss man über 0,07 Prozentpunkte lange diskutieren? Oh ja! Die vermeintlich kleinen Unterschiede haben massive Auswirkungen auf den Etat der Europäischen Union und auf die nationalen Haushalte. 2019 lag das deutsche BNE bei rund 3,5 Billionen €, also 3500 Mrd. €. Davon 0,07 % sind etwa 2,5 Mrd. €. Sehr schnell wird klar, um welche Dimensionen es hier geht.

In der vergangenen Woche haben die Staats- und Regierungschefs der EU über den Mehrjährigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 verhandelt, also über den Haushaltsrahmen der Gemeinschaft für die kommenden sieben Jahre. Geeinigt haben sie sich nicht. Das ist nicht überraschend. Wenn es ums Geld geht, hört die Freundschaft auf.

Brexit spitzt Lage zu

Besonders kritisch wird die Situation durch den Brexit. Zuletzt haben die Briten im Jahr fast 7 Mrd. € mehr in die Brüsseler Kasse eingezahlt als herausbekommen. Damit war das Vereinigte Königreich nach Deutschland (rund 13 Mrd. €) der zweitgrößte Nettozahler. Wie diese Haushaltslücke geschlossen werden soll, ist offen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister tun sich schwer damit, weitergehende Zusagen zu machen. Am liebsten wollen sie die deutschen Beiträge auf 1,00 % des BNE begrenzen und damit verhindern, dass noch mehr Geld nach Brüssel abgeführt wird.

Gleichzeitig pochen vor allem die wirtschaftlich schwächeren Länder Mittel- und Osteuropas darauf, dass ihre Hilfen nicht zusammengestrichen werden. Sie brauchen das Geld aus dem Struktur- und Wachstumsfonds, um die Lebensverhältnisse ihrer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern (Stichwort: Kohäsionspolitik).

Massive Auswirkungen auf Landwirtschaft

Das Haushaltsdrama hat massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Nach wie vor ist die Agrar­politik der einzige praktisch komplett über Brüssel finanzierte Sektor in der EU und hat deshalb einen Anteil von rund 35 % am Budget – einschließlich der ländlichen Entwicklung. Jede Kürzung des Brüsseler Gesamthaushaltes wird sich auch im Agrarbudget niederschlagen, die Fördermittel werden dann knapp. Und das Ganze angesichts der Forderungen nach einem weiteren Umbau der Landwirtschaft im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz.

Wie das Rangeln um den Haushalt der Gemeinschaft ausgeht, ist noch unklar. Dabei drängt die Zeit. Denn solange die Basis in Gestalt des Mehrjährigen Finanzrahmens nicht gelegt ist, sind Spekulationen über die Einzelbudgets reine Luftnummern. Eine Hängepartie ist überhaupt nicht im Interesse der Landwirtschaft.

Mehr zum Thema:

Die EU-Kommission wird auf Grundlage der überarbeiteten Dünge-Verordnung keine Klage gegen Deutschland einleiten. Nun ist der Bundesrat am Zug.

Der Bauernverband ist offen für eine grüner ausgerichtete Agrarpolitik – wenn der Landwirtschaftsetat der Europäischen Union wenigstens stabil bleibt.