KOMMENTAR ZUR KAMMERWAHL

Ein starkes Signal

Die Kammerwahlen sind entschieden. Alle vorher "ausgeguckten" Kandidaten wurden auch gewählt. Allerdings wurde es unerwartet spannend: Es gab eine starke Gegenkandidatin.

Wahlen sind in der Landwirtschaft zu­weilen eine heikle Angelegenheit. Manchmal finden sich auf Orts- oder Kreisebene nicht einmal genug Kandidaten für die Ehren­ämter. Ein anderes Mal gibt es Zank um Spitzenpositionen.

Der Gesetzgeber hat bei der Gründung der Landwirtschaftskammer NRW vorausgesehen, dass die rheinischen und westfälischen Mitglieder nicht immer einträchtig beieinander sitzen. So hat er bestimmt, dass für die Wahl des Präsidiums zwei Drittel aller Stimmen nötig sind. So ist sichergestellt, dass kein Landesteil den anderen unterbuttern und eine Person allein durchsetzen kann. Das hat Charme, macht aber schnell Probleme. Wenn sich zwei oder mehr Personen bewerben, geraten die Wahlen zum Marathon. Deshalb wird das Spitzenpersonal schon im Vorfeld der Hauptversammlung „ausgeguckt“.

WLV und RLV schlagen seit jeher die Kandidaten der Bauern für das Präsidium vor. Karl Werring, bisher Vizepräsident, galt vor der Hauptversammlung am vergangenen Freitag als „gesetzt“ für die Nachfolge von Johannes Frizen. Er wurde auch gewählt. Und weil Werring Westfale ist, sollte der Vizepräsident Rheinländer sein. Doch erst rund zwei Wochen vor der Wahl stand fest, wer genau das Amt übernehmen sollte. Der RLV schickte Martin Dahlmann ins Rennen.

Gegenkandidatin erhält 40% der Stimmen

Ob und wie umfangreich diese Personalie im Vorfeld mit anderen Organisationen diskutiert wurde, ist schwer zu beurteilen. Offenkundig herrschte aber hernach nicht überall Begeisterung. Wie sonst wäre zu erklären, dass mit Helga Trimborn kurzfristig eine Gegenkandidatin nominiert wurde? Und dass die rheinische Bäuerin im ersten Wahlgang aus dem Stand fast 40 % der Stimmen auf sich vereinen konnte? Mit diesem starken Ergebnis „in der Tasche“ zog sie ihre Kandidatur vor dem zweiten Urnengang zurück und machte damit den Weg für Dahlmann frei.

Absprachen über Personalentscheidungen können ein Zeichen für gutes Einvernehmen sein – oder als Kungelei verstanden werden. Manche Kammermitglieder werfen den Landwirtschaftsverbänden hinter vorgehaltener Hand Arroganz und Selbstherrlichkeit vor. Andere wollen mehr Frauen in Spitzenämtern. Das ist berechtigt. Wohlgemerkt: „Frau“ allein ist keine ausreichende Qualifikation. Aber hat es wirklich über Jahrzehnte nie eine geeignete Kandidatin für das Kammerpräsidium gegeben? Unwahrscheinlich!

Transparenz statt Klüngel

Was lehrt uns das? Solange der Antritt mehr als eines Kandidaten als Kampfabstimmung empfunden wird denn als Wahl, so lange schwebt der Verdacht des Klüngels über Personalentscheidungen. Die Besetzung von Ehrenämtern – und das ist kein spezifisches Problem der Kammer! – muss offener und transparenter werden. Dazu gehören auch gleiche Chancen für Frauen.