Ein Schwarm, der leise summt

„Formulieren Sie Ihre Forderungen ruhig ziemlich scharf. Sonst hört eh keiner hin“, sagte Angela Merkel in der vergangenen Woche beim Deutschen Landfrauentag in Erfurt. Da schwangen gleich zwei Botschaften mit.

Es war eine klare Aufforderung der Kanzlerin:

„Formulieren Sie Ihre Forderungen ruhig ziemlich scharf. Sonst hört eh keiner hin“, sagte Angela Merkel in der vergangenen Woche beim Deutschen Landfrauentag in Erfurt.

Da schwangen gleich zwei Botschaften mit. Erstens: Es gibt in der Regierung Rückhalt für die Anliegen der Landfrauen. Zweitens: Wer sich im Berliner Politik- und Medienbetrieb Gehör verschaffen will, der muss rhetorisch kräftiger zulangen.

Zuspitzung ist oft richtig – aber nicht unbedingt die Art des Landfrauenverbandes. Sein Symbol ist seit mehr als 100 Jahren die Biene. Bis heute steht sie sinnbildlich für das Selbstverständnis vieler Landfrauen. Die 500 000 Mitglieder, die der Verband bundesweit zählt, arbeiten emsig an der Basis.

Sie bringen Frauen aus unterschiedlichen Generationen und Berufen zusammen. Sie trommeln für regionale Produkte und gesunde Ernährung, sind Botschafterinnen und vielerorts auch Innovationstreiberinnen der Landwirtschaft und Gesichter des ländlichen Raums. Als kraftvoller Schwarm, der Entscheidungsträgern Respekt einflößt, werden sie aber offensichtlich nicht wahrgenommen – jedenfalls nicht in Berlin.

Dort unterhält der Landfrauenverband eine kleine Geschäftsstelle mit zehn Mitarbeiterinnen.
Sicher, Präsidium und Geschäftsführung entwickeln regelmäßig Positionspapiere, suchen den Schulterschluss mit anderen Frauenverbänden und pflegen Drähte in verschiedene Ministerien. Außerhalb eingeweihter Kreise kommt das aber kaum an – und wenn doch, dann als nicht sonderlich bedrohliches Summen.

Wie es anders geht, das lässt sich bei verschiedenen Verbänden und Initiativen beobachten – auch solchen, die der Landwirtschaft kritisch gegenüberstehen. Sie erzeugen mit weniger Mitgliedern ein deutlich größeres Medienecho.

Zugegeben: Es ist schwer, 22 Landesverbände unter einen Hut zu bekommen und den ganzen „Landfrauen-Schwarm“ zu politisieren. Viele sind einfach Mitglied, weil ihnen das Programm vor Ort gefällt. Und das ist ein gutes Argument.

Aber Probleme sind für Frauen auf dem Land vielerorts ähnlich: Die Infrastruktur mit Ärzten und Supermärkten dünnt aus, junge Leute ziehen weg und die soziale Absicherung, gerade von Frauen, ist wackelig. Hinzu kommen die Existenzängste, die zurzeit viele Bäuerinnen umtreiben.

Die Landfrauen haben also gute Gründe, Angela Merkels Rat zu folgen und für ihre Vorschläge kräftig zu trommeln, statt leise zu summen.