Ein paar werden überleben…

"In der Landwirtschaft muss Geld verdient werden", sagt der agrarpolitischen Sprecher der SPD, Wilhelm Priesmeier. Wer aber hofft, dass er sich auf die Bauern zubewegt hat und ihnen den Rücken stärkt, der wird enttäuscht sein.

Was für eine überraschende Erkenntnis: „In der Landwirtschaft muss Geld verdient werden. Landwirtschaft ist nun einmal in erster Linie Wirtschaft.“

Diese Sätze stammen von Wilhelm Priesmeier, dem agrarpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Wer aber jetzt hofft, dass der Sozialdemokrat sich auf die Bauern zubewegt hat und ihnen den Rücken stärken will, der wird enttäuscht sein.

Denn im selben Atemzug fordert Priesmeier eine radikale Änderung der Agrarförderung nach dem Grünen-Slogan „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Das derzeitige System ist aus seiner Sicht nicht zukunftsfähig.

Priesmeier spricht sich für den Umbau der landwirtschaftlichen Investitionsförderung zu einer „ländlichen Entwicklungsförderung“ aus. Agrarpolitik sei für seine Partei immer Politik für die ländlichen Räume, die über die Interessen der Landwirte hinausgehe. Auch ein Landwirtschaftsministerium, das sich vorrangig an den Belangen des Agrarsektors orientiert, brauche kein Mensch. Stattdessen müsse der gesamte ländliche Raum im Mittelpunkt stehen.

Die Sorge, dass es in der Milchviehhaltung zu einem Strukturbruch kommt, teilt der Politiker nicht. Auch die Aufgaberate von 4,5 % im Jahr 2015 habe damit nichts zu tun. Dazu führt er an, gerade in der aktuellen Krise sollte Politik nicht der Versuchung erliegen, man könne jeden Betrieb am Leben erhalten. „Wo einer aufhört, stockt ein anderer auf. So etwas nennt man Marktwirtschaft.“ Zynisch gesagt: Stellt euch nicht so an. Ein paar werden schon überleben.

Die Verknüpfung von fast neoliberalen Tönen und der Forderung beispielsweise nach regionaler Wertschöpfung, die der Tierarzt Priesmeier zustande bringt, mutet seltsam an. Zukünftig erwartet der Sozialdemokrat weniger Geld aus Brüssel für die Landwirtschaft. Gleichzeitig fordert er eine stärkere Umschichtung weg von den Direktzahlungen hin zur sogenannten Zweiten Säule.

Ein Großteil davon ginge an den landwirtschaftlichen Betrieben vorbei. Gegen überzogene Forderungen seiner Parteikollegin Barbara Hendricks nimmt Wilhelm Priesmeier die Bauern zwar in Schutz. Die Politik soll den Agrarsektor nicht mit Umweltauflagen überfrachten. Aber weitere Verschärfungen beim Düngerecht findet er richtig und dringend nötig.

Das alles ergibt kein stimmiges Konzept. Wilhelm Priesmeier wird dem nächsten Bundestag wohl nicht mehr angehören. Aber vielleicht bringt vor der Wahl im Herbst des kommenden Jahres ja noch jemand anders Ordnung in das agrarpolitische Programm der Sozialdemokraten. Die Bauernfamilien hätten es verdient.