Die Wunden sind nicht verheilt

Das bittere Ergebnis des katastrophalen Milchjahres 2016 spiegelt sich in unserem Wochenblatt-Milchpreisvergleich wider. Jeder zehnte Kuhhalter in NRW machte 2016 seine Stalltür zu.

Das bittere Ergebnis des katastrophalen Milchjahres 2016 spiegelt sich in unserem Wochenblatt-Milchpreisvergleich wider.

So erreichten die Rohstoffpreise ein fast so tiefes Niveau wie 2009. Etliche Bauern erhielten im Sommer nicht einmal mehr einen Basispreis von 20 Cent/kg Milch. Die beängstigende Konsequenz: Jeder zehnte Kuhhalter in NRW machte 2016 seine Stalltür zu – vorausgesetzt, er konnte es sich „leisten“. Denn bei vielen ist eine Betriebsaufgabe, bedingt durch hohe Investitionen und den damit verbundenen Kapitaldienst, schlichtweg unmöglich.

Als Weg aus der Krise machten sich etliche Landwirte auf die Suche nach alternativen Vermarktungsformen. Viele kehrten ihrer Molkerei den Rücken zu. Am deutlichsten bekam das die größte deutsche Genossenschaft, das Deutsche Milchkontor (DMK), zu spüren. Eine Kündigung nach der anderen flatterte dem Unternehmen ins Haus. Demnächst fehlen dem DMK fast 1,7 Mrd. kg Milch – gesetzt den Fall, es bleiben alle Kündigungen bestehen. Der Ruf nach kürzeren Laufzeiten der Lieferverträge wird immer lauter. Fakt ist jedoch: Kürzere Kündigungsfristen bedeuten nicht automatisch höhere Milchpreise. Oft besteht auch gar keine Möglichkeit, zu einer besser auszahlenden Molkerei zu wechseln.

Doch auch bei den Molkereien hat es zum Teil ein „Wachrütteln“ gegeben. So handeln beispielsweise die frischli Milchwerke mit einem Teil ihrer Milchmenge an der Börse. Stichwort: Milchpreis­absicherung. Und auch das DMK hat sich Anfang 2017 neu aufgestellt, in der Hoffnung, bessere Leistungen zu erzielen. Wertschöpfung vor Wachstum lautet die Devise zukünftig in Zeven, dem Sitz des DMK. Wie erfolgreich, wird sich zeigen.

Die Wunden der Krise sind trotz derzeit höherer Preise längst nicht verheilt. Der Großteil der Milchviehhalter kämpft weiterhin mit der Sicherung ihrer Liquidität. Schließlich gilt es, Löcher zu stopfen. Auch die von einigen Molkereien angebotenen Boni, im Rahmen von Nachhaltigkeitsprogrammen, lassen alles andere als Freuden-sprünge zu. Der Aufwand ist zum Teil enorm, die Honorierung bescheiden. Bei der Fütterung von GVO-freiem Futter verhält es sich ähnlich. Hinzu kommen immer höhere Anforderungen seitens des Einzelhandels. Tierwohllabels sind gefragt, bringen dem Landwirt finanziell aber nichts. Der Weg zurück zur Normalität bleibt für die betroffenen Bauernfamilien schwierig. Eine längere Erholungsphase mit dauerhaft höherem Milchgeld täte allen Beteiligten gut.