Auf dem Drahtseil

Die Studie „Frauen in der Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ macht sichtbar, was in der Agrarstatistik ansonsten verborgen bleibt: Ohne Frauen läuft wenig auf dem Land.

Die Studie „Frauen in der Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ macht sichtbar, was in der Agrarstatistik ansonsten verborgen bleibt:

Bäuerinnen leisten ein enormes Arbeitspensum, mehr als 61 Stunden pro Woche. Und gleichzeitig meistern sie einen Balanceakt auf dem manchmal durchaus etwas wackeligen Drahtseil. Sie betreuen eigene Betriebszweige oder arbeiten im erlernten Beruf, sind als „Springer“ auf dem Acker und im Stall aktiv, kümmern sich um kleine Kinder und betagte Altenteiler und sind quasi nebenbei noch ehrenamtlich unterwegs.

Im Betriebsergebnis oder in Rentenbescheiden spiegelt sich das nicht immer wider: Aber ohne Frauen läuft wenig auf dem Land. Das haben die Landfrauenverbände aus Westfalen-Lippe und dem Rheinland als Auftraggeber der Studie jetzt schwarz auf weiß. Die Details lesen Sie ab Seite 68 in dieser Ausgabe.

Die Untersuchung zeigt, dass es die Ottilie-Normal-Bäuerin nicht gibt. Zu unterschiedlich sind betriebliche Rolle und familiäre Situation. Immer weniger Frauen auf den Höfen haben eine hauswirtschaftliche Ausbildung, immer mehr einen Uniabschluss. Der eigene Job und damit auch die individuelle Absicherung gehören besonders zum Selbstverständnis vieler junger Frauen auf den Höfen dazu.

Während es dem Bauernverband immer schwerer fällt, die Stimme aller Landwirte zu sein – zu sehr streben Ausrichtungen und Ziele der Mitglieder auseinander –, versteht der Landfrauenverband diese Vielfalt als Chance. Er fungiert weiter als Bindeglied. Hier bleiben Bäuerinnen im Gespräch. Und das nicht nur miteinander, sondern auch mit anderen Frauen aus dem ländlichen Raum.

So ist der Landfrauenverband eine Solidargemeinschaft für Bäuerinnen, „Außenministerium“ für die Landwirtschaft und gleichzeitig Sprachrohr für die Bedürfnisse von Familien im ländlichen Raum.
Dieser Dreiklang bietet viele Chancen und ist Aufforderung, sich politisch wie gesellschaftlich einzumischen. Das ist ein Balanceakt. Aber die Studie zeigt: Das Drahtseil ist für Bäuerinnen gewohntes Terrain.