Alles wieder auf Anfang

Viel Zeit zur Einarbeitung bleibt NRWs neuer Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser nicht. Nordrhein-Westfalen leitet die Agrarministerkonferenz, die Landwirtschaft steht vor wichtigen Grundsatzentscheidungen. Die neue Ministerin muss einen Schnellstart hinlegen und gleichzeitig besonnen agieren.

Lange gefackelt hat Armin Laschet glücklicherweise nicht. Nur eine gute Woche nachdem Christina Schulze Föcking ihren Stuhl im Düsseldorfer Landwirtschafts- und Umweltressort geräumt hatte, präsentierte der Ministerpräsident schon ihre Nachfolgerin: Ursula Heinen-Esser (52) aus Köln. Keine Landwirtin, aber trotzdem mit solider Erfahrung in der Agrar- und Umweltpolitik als Parlamentarische Staatssekretärin in den zwei Bundesministerien.

Die Rheinländerin hat bisher nicht durch spektakuläre Auftritte von sich reden gemacht; sie scheint eher die Sacharbeit zu schätzen und auch zu beherrschen. Keine schlechten Voraussetzungen für das Amt, das sie nun antritt. Bemerkenswert jedenfalls ist schon einmal, dass sich nach der Ankündigung, Heinen-Esser zur Ministerin zu machen, nur wenige politische Beobachter lobend oder kritisch damit auseinandersetzten. Ihr geht nicht der Ruf voraus, sich einseitig für die Interessen der Bauern oder der Umwelt- und Naturschützer einzusetzen.

Bisher war von Ursula Heinen-Esser noch nicht viel zu ihrer neuen Aufgabe zu hören. Aber was sie sagte, klingt nach Ausgewogenheit und Kompromissen. Reine Diplomatie oder doch schon eine ganz neue Generallinie? Persönlich sagt man der früheren Bundestagsabgeordneten nach, dass sie sehr durchsetzungsstark sei. Das ist wohl nötig. Im Agrar- und Umweltministerium hocken Funktionsträger, die sehr ausgeprägte eigene politische Vorstellungen haben und diese auch bei der Arbeit zur Entfaltung bringen wollen. Anders ausgedrückt: schwer in den Griff zu bekommen. Da braucht man Stehvermögen und die richtigen Menschen an den Schlüsselpositionen. Noch vor wenigen Tagen ging das Gerücht um, das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium solle zerschlagen werden. Das Agrarressort wäre dann beim „Heimatministerium“ gelandet, als eher kleine Abteilung. Das bleibt der Branche jetzt erspart.

Heinen-Esser will Landwirtschafts- wie Umwelt­interessen gleichberechtigt behandeln sowie den Verbraucherschutz ernst nehmen. Wenn sie das mutig und mit Elan umsetzt, dann könnte ihr das gelingen, was weder Christina Schulze Föcking noch davor Johannes Remmel geschafft haben: ein Klima der Kooperation zu schaffen und die unvermeidlichen Zielkonflikte der Politikfelder so zu lösen, dass alte Feindbilder nicht gepflegt werden. Keine schlechte Vision.

Ein Jahr nach der Wahl steht alles wieder auf Anfang. Nordrhein-Westfalen leitet die Agrarministerkonferenz, die Landwirtschaft steht vor wichtigen Grundsatzentscheidungen. Da bleibt nicht viel Zeit für Einarbeitung und Umherschauen. Die neue Ministerin muss einen Schnellstart hinlegen und gleichzeitig besonnen agieren. Den Landwirten und ihren Familien ist zu wünschen, dass Ursula Heinen-Esser dabei erfolgreich ist.