Agrargipfel: Ein Anfang mit Potenzial

Die Erwartungen an den Agrargipfel waren hoch, die Enttäuschung im Nachgang an der einen oder anderen Stelle ebenso. Inhaltliche Erfolge kann es trotzdem geben.

Die Erwartungen an den Agrargipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel waren hoch. Vielleicht zu hoch. Deshalb ist der ein oder andere enttäuscht. Von einigen Nichtregierungsorganisationen sowie der Opposition hagelt es Fundamentalkritik. Doch hatte tatsächlich jemand mit einer völligen Umkehr in der Agrarpolitik gerechnet? Ernsthaft wohl kaum.

Möglichkeit der Binnendifferenzierung

Einen Aufschub für die verschärfte Düngeverordnung hatte die Kanzlerin bereits im Vorfeld ausgeschlossen. Bei aller Kritik der Landwirte scheint eine Entlastung nur noch über die Binnendifferenzierung der Bundesländer möglich zu sein. NRW geht mit gutem Bespiel voran: Die roten Gebiete könnten um 30% kleiner ausfallen – ein Erfolg des Bauernprotestes von April.

Den Agrargipfel von Montag hätte es ohne die Demos von „Land schafft Verbindung“ nicht gegeben. So ist es gelungen, dass die Kanzlerin die Landwirtschaft auf die höchste politische Ebene hebt, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner Dialogforen zur Landwirtschaft einführt und sich die Politik für mehr Wertschätzung der Branche starkmacht. Davon können sich Landwirte zunächst nichts kaufen, trotzdem ist es eine positive Botschaft in die Gesellschaft. Das ist gut.

Zukunftskommission Landwirtschaft

Auch inhaltlich kann es Erfolge geben – sofern alle Beteiligten die Vereinbarungen umsetzen:Der Deutsche Bauernverband (DBV) sowie „Land schafft Verbindung“ (LsV) sollen eine Zukunftskommission Landwirtschaft bilden. Das ist ein geschickter Schachzug der Politik, weil die Branche nun selbst gefordert ist, gesellschaftlich akzeptierte und praxistaugliche Wege aufzuzeigen. Aber auch eine Chance für den Berufsstand: Der DBV hat Fachwissen und ein riesiges Netzwerk, LsV frische Ideen zur Mobilisation und Ansprache jüngerer Menschen. Von der Kombination können alle profitieren.

Landwirtschaft und Insektenschutz

Die Landwirte sind beim nächsten runden Tisch „Landwirtschaft und Insektenschutz“ dabei. Hier können sie ihre Leistungen herausstellen und praxisfremde Vorschläge entlarven, wie die scharfen Auflagen zu Streuobstwiesen. Landwirtschaftsministerin Klöckner hat bereits Entgegenkommen signalisiert. Das erhöht den Druck auf Umweltministerin Svenja Schulze.

Gespräch mit Lebensmitteleinzelhandel

Die Kanzlerin will mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels sprechen. Sie kritisiert die Tiefstpreise und Lockangebote für Lebensmittel. Klöckner will zudem Landwirte und Lieferanten gegenüber dem Handel stärken. Worte allein dürften aber nicht reichen. Der Handel ist ein abgebrühter Verhandlungspartner. Deshalb müssen Merkel und Klöckner alle rechtlichen Mittel nutzen, um die Macht des Handels einzudämmen.Der Agrargipfel kann nur ein Anfang gewesen sein. Doch es besteht die Chance, dass sich da­raus wieder eine Perspektive für Landwirte entwickelt. Verdient haben sie es.

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