Kommentar

AfD: Der Feind von rechts

Die AfD umwirbt Land- und Forstwirte mit einem wohlfeilen Programm - und jetzt hat die in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtete Partei intern zum "Marsch durch die Organisationen" auch auf dem Land aufgerufen. Demokraten müssen klare Grenzen ziehen.

Nicht nur Corona sorgt derzeit für besorgniserregende Schlagzeilen, sondern auch die AfD. Vor wenigen Tagen bezeichnete das Bundesamt für Verfassungsschutz den besonders radikal-rechtsextremen „Flügel“ der AfD als klar verfassungsfeindlich. Auf Druck der parteiintern gemäßigteren Kräfte hat sich der AfD-Flügel am Wochenende für aufgelöst erklärt. Aber seine 7000 Anhänger, davon 1000 in NRW, sind nicht verschwunden. Oder gar aus der AfD ausgeschlossen. Sie haben lediglich ihr Klingelschild am Parteieingang abgeschraubt – und bleiben.

Da ist es wenig beruhigend zu erfahren, dass die AfD das Land für sich entdeckt hat. Bereits seit geraumer Zeit umwirbt die Partei Landwirte, Waldbesitzer und Jäger mit einem wohlfeilen Angebot. Umweltauflagen lockern, eine Obergrenze für Wölfe einführen, den privaten Waldbesitz stärken, faire Agrarpreise: So und ähnlich lauten die Forderungen, mit denen die AfD ihrer „Zielgruppe“ nach dem Mund redet.

Bei Land- und Forstwirten hat sich viel Ärger und Frust angestaut, auch gegenüber ihrer Stammpartei CDU. Wie man solche Bauchge­fühle zu Wut aufkocht und in Wählerstimmen wandelt, weiß keine Partei besser als die AfD. Sie arbeitet mit Provokationen, robusten Sprüchen und Falschinformationen. Gezielt verbreitet sie Häme und Hass. Sicher ist auch: Sie ist keine ­„irgendwie konservativere“ oder gar „bürger­liche“ Partei, die „etwas für uns“ tut. Wer das immer noch glaubt, dem sei die genaue Lektüre des Berichtes des Bundesamtes für Verfassungsschutz empfohlen.

Doch die AfD hat nicht nur Land- und Forst­wirte im Blick. Ein 72-seitiges parteiinternes Strategiepapier, das dem Wochenblatt vorliegt und über das wir in der aktuellen Ausgabe des Wochenblattes vom 26. März 2020 (und hier online) berichten, ruft Parteigänger zum „Marsch durch die Organisationen“ aus. Welche gemeint sind, ist genau aufgelistet: Schützenvereine, Jäger, private Sicher­heitsdienste, Sportschützen, freiwillige Feuerwehren, Brauchtumspfleger usw.

Das steht nicht nur auf dem Papier. Im ländlichen Westfalen ist das Vorgehen der AfD bereits zu beobachten. Einige Fälle schildern wir in ­dieser Ausgabe.

Wie überall, so sind auch auf dem Land alle Demokratinnen und Demokraten gefordert, wachsam zu sein und klare Grenzen zu ziehen. Dazu zählt etwa, jede anonyme Geldspende und jeden neuen Mitgliedsantrag genau zu prüfen, ebenso wie jeden Internet-Link und jede WhatsApp-­Nachricht. Dazu zählt, den Legenden und Lügen, dem Hass und der Hetze entgegenzutreten. Warum? Weil mehr auf dem Spiel steht als, sagen wir, Abschussregelungen für Wölfe. Worum es geht, hat, stellvertretend für alle Demokraten, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kürzlich klar formuliert:

„Der Feind dessen, was wir Bundesrepublik Deutschland genannt haben – Pressefreiheit, Freiheit der Justiz, Menschenwürde, Respekt vor anderen Religionen –, das kommt heute von rechts.“