„An den Bauern wird eine Umstellung der Tierhaltung nicht scheitern – sofern die Offenställe genehmigt werden und der Zusatzaufwand fair entlohnt wird“, lautete die Botschaft des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe beim Ortstermin auf dem Erlenhof der Familie Köhler in Beverungen-Herstelle.
Benedikt Köhler mästet dort im Außenbereich des Weserdorfes Schweine in zwei Außenklimaställen. 250 Schweine sind in einem Offenstall mit Liegekisten und Außenauslauf untergebracht, den der Landwirt im Jahr 2010 neu gebaut hat. Weitere 300 Tiere werden in einem 2019 umgebauten Altgebäude auf Tiefstreu unter Außenklimabedingungen gemästet. In beiden Ställen finden die Schweine Bedingungen vor, wie zahlreiche Verbraucher sie bei Befragungen stets einfordern: Die Tiere haben reichlich Licht, Luft und Platz zur Verfügung (1,05 m2 pro Schwein), sie können im Stroh wühlen und fressen sogar gentechnikfreies Futter.
Tierwohl nicht zum Nulltarif
Das alles geht jedoch nicht zum Nulltarif. Landwirt Köhler hat mit dieser Art der Schweinehaltung deutlich mehr Arbeit durch Strohernte, Einstreuen und Ausmisten. Und auch die GVO-freie Fütterung macht die Mast spürbar teurer. Das alternative Haltungskonzept funktioniert deshalb nur in Verbindung mit einer speziellen Vermarktung. Benedikt Köhler hat daher einen mehrjährigen Vertrag mit der Edeka-Rasting-Gruppe abgeschlossen. Dieser beinhaltet einen garantierten Mindestpreis, der zurzeit bei 1,56 €/kg Schlachtgewicht liegt. Je nach Marktsituation gibt es zudem Tierwohlaufschläge von bis zu 26 bis 27 € pro Schwein. Ein Teil der Tiere wird überdies als Hausmacherwurst im Hofladen mit Bauernhof-Café der Familie direkt vermarktet. Für die Besucher dort sind die Schweine ein Publikumsmagnet.
Im Ergebnis passt die Außenklimahaltung bei Benedikt Köhler gut ins Betriebskonzept. Er profitiert aber eindeutig von der Alleinlage des Hofes. Es gibt in der Nähe keine Nachbarn, die sich vom Geruch der Außenklimaställe gestört fühlen könnten. Das ist aber längst nicht überall so, erklären Antonius Tillmann, Rainer Meyer und Wilhelm Brüggemeier sowie Stephan Sauer vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband. Viele vorhandene Ställe können nicht umgebaut werden, auch wenn die Landwirte zur Investition in mehr Tierwohl bereit sind. Es hapert am derzeitigen Genehmigungs- und Umweltrecht. Für einen Systemwechsel fehlt aber vor allem das Geld bzw. die Zahlungsbereitschaft.
Wer bezahlt den Mehraufwand?
Höherpreisige Tierwohlprogramme wie das von Edeka-Rasting sind daher bislang eine Marktnische. .„Wenn wir jedoch auch zukünftig sichere und hochwertige Lebensmittel aus eigener Erzeugung in den Regalen haben möchten, müssen die Zusatzkosten der Landwirte bezahlt werden“, erklärte Tillmann. Angesichts des bekannten Konsumverhaltens in Deutschland sei hier der Staat in der Verantwortung, mahnte Brüggemeier: Ohne abgesicherte finanzielle Unterstützung könnten die Bauern den Wandel nicht stemmen. Dazu ist ihre Position in der Lebensmittelkette deutlich zu schwach.
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