Die unsichere Gasversorgung und die extrem gestiegenen Energiepreise beeinflussen immer mehr Bereiche in der Landwirtschaft. In der Schweinehaltung beispielsweise haben zahlreiche Betriebe bisher pelletiertes Futter eingesetzt. Je nach Fütterungstechnik werden die Pellets dann als intakte Presslinge oder in zerkleinerter Form als „Granulat“, „Brösel“ oder „Krümel“ angeliefert – wobei die Bezeichnung von Anbieter zu Anbieter variiert.
Energieintensive Pellets
Diese Futterform bietet einige Vorteile, die mit der Hitze- und Druckbehandlung während der Pelletierung zusammenhängen. Die Herstellung der Pellets in den Mischfutterwerken verbraucht jedoch sehr viel Energie. Sofern diese über Erdgas bereitgestellt wird, könnte es aufgrund der unsicheren Versorgung in den nächsten Monaten zu Engpässen kommen. Auf jeden Fall dürfte die Pellet-Herstellung (und gegebenenfalls auch die anschließende mechanische Zerkleinerung zu Granulat) als Folge der gestiegenen Energiekosten deutlich teurer werden.
Für Preisaufschläge im Bereich von 0,50 bis 0,70 €/dt Futter, die bislang für pelletierte Ware in etwa anfielen, wird diese Futterform in nächster Zeit jedenfalls wohl nicht mehr zu beziehen sein, meinen Branchenkenner. Und das auch dann nicht, wenn es den Futtermittelwerken in Teilen gelingt, das knappe Erdgas durch Umstellung ihrer Technik auf andere Energieträger wie Heizöl zu ersetzen.
Damit wird die Alternative „Mehlfutter“ zunehmend interessanter, auch wenn die „Pellets- und Granulat- oder Krümel-Fütterer“ unter den Schweinehaltern zurecht auf die gute Futteraufnahme, Verdaulichkeit und Futterhygiene sowie die bessere Rieselfähigkeit dieser Futterform verweisen. Auch gibt es bei Pellets keine Entmischung von Futterbestandteilen und weniger Futterverluste.
Eigenmischer mit Mehl
In Westfalen-Lippe finden sich allerdings traditionell sehr viele so genannte Eigenmischer. Diese Betriebe schroten ihr Getreide auf dem Hof und stellen daraus beispielsweise mit Sojaschrot oder anderen Eiweißergänzern – ohne Pelletierung – gute, wettbewerbsfähige Futtermischungen zusammen.
Der Einsatz von Mehlfutter muss also nicht schlechter sein. Er erfordert jedoch einige Anpassungen, wie erfahrene Berater und Praktiker wissen:
- Mehl rutscht bzw. fließt schlechter als Pellets. In den Vorratssilos kann es daher zu Brückenbildung kommen – vor allem, wenn das Futter bei der Befüllung mit hohem Druck auf eine Stelle geblasen wird. Abhilfe lässt sich schaffen, indem zeitnah nach der Befüllung etwas Futter aus dem Silo entnommen wird. Dadurch kommt Bewegung in den Futterstock und die Brücken werden aufgelöst, bevor sie sich verfestigen.
- Oftmals bilden sich Futterbrücken an der Außenwand der Silos, weil das Futter in den „toten Zonen“ am Rand verharrt, während das frische Material aus der neuen Befüllung in der Mitte durchrutscht. Hier helfen Wechselsilos (die abwechselnd komplett entleert werden) oder sogenannte Massenflusssilos mit steilem Auslauftrichter (<20°). In diesen Silos rutscht das Futter gleichmäßig nach. Was zuerst eingeblasen wird, gelangt auch zuerst wieder hinaus.
- Bei Mehlfutter in Sacksilos („Trevira“) lassen sich Ablagerungen relativ einfach durch gelegentliches Abklopfen lösen.
- Da Mehlfutter nicht verpresst ist, hat es ein niedrigeres Volumengewicht. Das gilt es bei allen Futterzuteilungen auf kg-Basis zu berücksichtigen. Die Volumendosierer im Sauenstall beispielsweise müssen deshalb mit einer größeren Menge Mehl befüllt werden, damit das Tier genauso viele Nährstoffe erhält, wie vorher bei der Pelletdosierung (Faustzahl: +10 %).
- Die bei zu grober bzw. ungleichmäßiger Vermahlung häufiger anzutreffende Schwimmschichtenbildung im Güllekanal ist bei industriell hergestelltem Futter dagegen selten und sollte niemanden abschrecken.
- Zu fein sollte das Mehlfutter indessen auch nicht sein, um Futteraufnahme und Darmgesundheit nicht zu gefährden. Im Allgemeinen gilt schrotförmiges Futter als zu fein vermahlen, wenn weniger als 5 % der Partikel größer als 1 mm und mehr als 40 % der Partikel kleiner als 0,2 mm sind.
- Wer Mehl über Trockenfütterungsanlagen einsetzen möchte, sollte mit kleinen Mengen testen, ob das funktioniert. Nicht alle Systeme kommen damit problemlos klar. Die meisten aber schon.
Quellzeiten einplanen
Flüssigfütterungsbetriebe hingegen befürchten beim Einsatz von Mehl statt Granulat oder Krümel/Brösel keine technischen Probleme, sondern vor allem eine Entmischung des Futters und eine ungleichmäßige Nährstoffaufnahme durch das Schwein.
Das lässt sich unter anderem mit ausreichenden Quellzeiten während des Anmischvorganges verhindern. Bei diesem Verfahren nutzt man das Quellvermögen der Futterkomponenten, um aus Mehl und Flüssigkeit eine homogene, pumpfähige Masse herzustellen.
Nach der ersten Zusammenführung von Futter und Wasser quillt das Mehl im Anmischbottich leicht auf. Sobald die festen Futterbestandteile sich abzusetzen beginnen, wird erneut kurz gerührt, um den Quellvorgang in Gang zu halten. Dann wird gewartet, bis sich an der Oberfläche hauptsächlich Wasser zeigt und das Rührwerk läuft erneut kurzzeitig.
Dieses System aus kurzem aufrühren und einigen Minuten warten bzw. quellen lassen wird mehrmals wiederholt, bis der Futterbrei eine sämig-visköse Konsistenz wie ein guter Eintopf zeigt.
Einmal ausprobiert und auf die Futterkomponenten abgestellt, lässt sich der Quellvorgang im Fütterungsprogramm als Routine hinterlegen und läuft dann automatisch ab. Die Gesamtdauer eines Fütterungsdurchganges erhöht sich dadurch zwar ein wenig. Der Effekt der homogeneren Mischung wiegt das aber mehr als auf.
Der kompakte Futterbrei ist übrigens deutlich besser pumpfähig. Der Trockenmassegehalt der Futtermischung kann dadurch höher sein, was den Tieren und ihren biologischen Leistungen in der Regel gut tut.
Außerdem verteilt sich der sämige Futterbrei besser und gleichmäßiger im Trog. Das wirkt einem selektiven Fressen und letztlich einem Auseinanderwachsen der Schweine entgegen.
Über den gezielten Einbau von Quellzeiten ins Fütterungsregime lässt sich das Entmischungsrisiko vom Mehlkomponenten in der Flüssigfütterung jedenfalls wirksam reduzieren. Deshalb ist die Angst vor der Umstellung von Pellets oder Granulat auf Mehlfutter nicht berechtigt.
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